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Klibansky, Raymond; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1928/29, 5. Abhandlung): Ein Proklos-Fund und seine Bedeutung — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39953#0011
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Ein Proldos-Fund und seine Bedeutung.

11

Dreigliederung der Prinzipien im Zweiten1 und der Stufung der
Erkenntnisarten im Siebenten Brief2, wird diese Stelle des Par-
menides zum eigentlichen Schwerpunkt seiner PLATON-Deutung
und — hiermit unlöslich verknüpft — seines eigenen Systems.
Konnte hier die spätere Spekulation unmittelbar an einen bei
Platon vorgegebenen Begriff anknüpfen, so ist deutlich, daß der
logisch-antinomische Charakter der übrigen Hypothesen sich weni-
ger leicht dieser neuplatonischen Theologisierung Platonischer
Dialektik fügen wollte. Wenn nun Proklos in seinem Kommen-
tar die letzten Hypothesen, die ihm als Darstellung immer niedrige-
rer Emanationen, an der eigentlichen Absicht des Parmenides
gemessen, weniger wesentlich schienen, ohne besondere Exegese ließ
und damit die erste aus dem Zusammenhang des Ganzen löste, so
mußten Spätere, die den Text des Platonischen Dialogs nur aus
Proklos kannten — so mußte die Zeit vom letzten Viertel des
XIII. bis zur ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts in der isolierten
ersten Hypothesis den 'Hymnus auf das Eine’ sehen, als den
Proklos diesen für ihn wichtigsten Teil des Dialogs deutet. Nur aus
dieser Begrenzung des Proklischen Werkes ist es zu verstehen, daß
Spätere — wie etwa Nicolaus Cusanus in der Apologie der Docta
Ignorantia3 — Platon, und gerade den Platon des Parmenides,
als den eigentlichen Begründer der theologia negativa betrach-
ten können. In der Tat haben wir hier — nicht zum wenigsten in
dem neu gefundenen Stück — das neben der fünften und sechsten
Enneade des Plotin ideengeschichtlich bedeutsamste Mittelglied
zwischen der via eminentiae, wie sie Platonische Dialektik in
Ansehung des höchsten Prinzipes fordert, und der apophatischen
Gotteslehre des Pseudo-Areopagita. Wenn dieser in seinem für
alle negative Theologie des Mittelalters grundlegenden Werk, der
Schrift „Uber die göttlichen Namen“, zur Begründung der Unmög-
lichkeit jeder bestimmenden Setzung im Hinblick auf das höchste
Eine den Schlußteil der ersten Hypothesis des Platonischen Parme-

1 Vgl. die für die spätere Trinitätslehre (Eusebios!) so bedeutsame Zu-
sammenfassung bei Plotin Ennead. V. 1, 8; bei Proklos sehr häufig.
2 Vgl. Beilage V. 1, S. 37 sq.
3 Nicolai Cusani Opera, ed. parisin. 1514, tom. I, fol. 36r; so ferner
De Beryllo, cap. XI., ed. cit. I., fol. 185r; De Venatione Sapientiae, fol. 209v.
-— So auch Bessarion, der zwar den ganzen Platon. Parmenides kannte,
in der Bewertung aber ganz von der neuplaton. Tradition abhängig ist; vgl.
etwa In Calumniatorem Platonis II, 3.
 
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