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Heimpel, Hermann [Hrsg.]; Heimpel, Hermann [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1929/30, 1. Abhandlung): Studien zur Kirchen- und Reichsreform des 15. Jahrhunderts, 1: Eine unbekannte Schrift Dietrichs v. Niem über die Berufung der Generalkonzilien (1413/1414) — Heidelberg, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.39954#0014
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Hermann Heimpel:

Den zwei Fällen, die eine kaiserliche Konzilsberufung fordern,
stehen drei gegenüber, die eine päpstliche Konzilsberufung erlauben.
Der unbestrittene und unbescholtene Papst beruft die Synode in
Angelegenheiten des Glaubens; auch in dem Sonderfalle, daß der
Kaiser oder sonst ein christlicher Fürst der Ketzerei beschuldigt
ist. Für die eigentliche Kirchenreform als Aufgabe des Konzils
wird man Dietrich dieselbe Meinung: Berufung durch den Papst,
zuschreiben1; daß er den Gedanken nicht ausspricht, mag daher
kommen, daß ihm bei seinem dritten Punkt, eben der Reform, die
Disposition aus den Fugen geht. Mit der kühnen Definition von
„Reform“: quia forsan . . . (Romana ecclesia) graviter infestaretur,
ist der Autor auf seinem alten Lieblingsthema festgefahren: wie
in seiner Chronik, und besonders in seinen Privilegia et iura imperii
verweilt er wieder bei den Taten Pippins, Karls des Großen und
Ottos des Großen für die Kirche, und ihrem Lohn: wie in den
Privilegia wird hier die Rückgabe des entscheidenden Einflusses
auf die Papstwahl, der Investitur, des Kirchenstaates behauptet
auf Grund der gefälschten Urkunden, deren Auffindung in Florenz
für Dietrich der Anlaß gewesen wrar, die Privilegia zu schreiben.
Nach breiten Ausführungen über den Undank der Päpste gegen
das Reich, mit dem sie besonders die im Wormser Konkordat
garantierte kanonische Wahl selbst durch ihre Reservationen um-
gefälscht haben, kehrt das Thema wieder mit einer Zusammen-
fassung. Nach ihr ist Dietrichs Ansicht die, daß der Papst das
Konzil beruft, wenn es im normalen Leben der Kirche notwendig
wird. Die kaiserliche Konzilsberufung ist ein Auskunftsmittel in
der Not.
Die Literatur der Schismazeit ist voll von Erörterungen, die
in der Not, besonders des Schismas, dem Papste das nach dem
damals geltenden Rechte absolut alleinige Recht, eine General-
synode zu berufen, nehmen und es anderen Faktoren zuwmsen.
Die Prinzipien, nach denen man in der Literatur nach 1378 dabei
verfahren ist, gebe ich unten an, um so die Gedanken Dietrichs
in die seiner Zeit einordnen zu können. Er kommt mit ihnen
überein in dem praktischen Hauptergebnis: der Papst beruft in
der Regel; ein Ab weichen gebietet nur die Not. Er entfernt sich
von ihnen dadurch, daß er an Stelle des Papstes nur den Kaiser,
nicht auch die Ivardinäle setzt, vor allem aber: w'enn andere ihre
1 S. unten S. 43: Urban II. beruft die Synode von Clermont zu dem
Zweck, quod reformarentur in moribus episcopi et clerus.
 
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