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Ernst PIoffmann.
behauptet die Affinität zwischen Erkenntnissubjekt und Erkenntnis-
objekt auf Grund einer vom Schöpfer präformierten Harmonie.
Das erste gibt dem Gottesprohlem diejenige Fassung, kraft deren
Gott "die Einheit’ in ihrer Absolutheit ist; das zweite gibt dem
Weltproblem diejenige Fassung, kraft deren die Welt blas Eine’ in
seiner Entfaltung ist. Das erste macht die Welt zu dem an Gott
Partizipierenden, das zweite macht Gott zu dem die Welt Expli-
zierenden.
Aber beide Lehrstücke widersprechen einander nur dann, wenn
Participatio und Explicatio falsch verstanden werden. Cusanus hat
allezeit die Participatio der relativen Welt am absoluten Gott
bejaht, aber nicht als Teilhabe von dinglichen Exemplaren an einem
Gattungsbegriff, sondern als Methexis des Gemessenen am Maß-
stab. Und er hat allezeit die Explicatio bejaht, aber nicht als
Vervielfältigung des Urprinzips, sondern als mxpoucua des Övtcop Öv
in den ovxa. Beide Lehrstücke fordern einander, wie Chorismos
und Parusia bei Platon einander fordern. Das durchgängige Mehr
und Minder ist in der Dimension der Vielheit die 'Bezeichnung’
jenes absoluten Maßstabes, ohne den es gar kein Mehr oder Minder
gäbe: Tina omnium ratio, quae diversimode participatur’ (D.ign. I.
17). Explikation ist diejenige Form, in welcher allein Teilhabe ge-
dacht werden kann, wenn es sich um Teilhabe der Vielen am Einen
handelt. Eben dies ist: Welt, Universum, 'Kosmos seu ornatus,
qui et mundus dicitur’. Als das Eine in Vielem ist die Welt Har-
monie. Welt kann nur als Vielheit gedacht werden, aber unter
dem Einheitsbegriff der Totalität, und dieser ist 'Spiegelung’ des
Einen in Vielem. Das immer 'Andere’ (Welt) kann nur gedacht
werden als das in dieser Andersheit immer Selbige. Der Zusammen-
hang zwischen der absoluten Einheit und dem dinglich Vielen führt
über 'das konkret Eine’, und das ist die Welt. Ist aber der Schritt
von der Einheit zum Einen vollzogen, der Schritt der 'Contractio’,
d. h. des Prozesses, vermöge dessen das Absolute im Relativen sich
eingrenzt und beschränkt, so ist mit der Eins die Zwei gesetzt,
mit der Zwei die Drei; die Reihenbildung ist ins Dasein getreten.
Den Chorismos setzen zwischen absoluter Einheit und konkretem
Einen heißt zugleich: die Art der Methexis des Konkreten am
Absoluten zum Problem stellen. Ob wir sagen: das Universum ist
der Inbegriff der Teilhabe der Welt an Gott, oder ob wir sagen: das
Universum ist die Kontraktion des Absoluten, die Explikation der
Einheit zu der in ihrer Relativität harmonischen 'series ordinata’,
welche wir Welt nennen, ist ein und dasselbe.
Ernst PIoffmann.
behauptet die Affinität zwischen Erkenntnissubjekt und Erkenntnis-
objekt auf Grund einer vom Schöpfer präformierten Harmonie.
Das erste gibt dem Gottesprohlem diejenige Fassung, kraft deren
Gott "die Einheit’ in ihrer Absolutheit ist; das zweite gibt dem
Weltproblem diejenige Fassung, kraft deren die Welt blas Eine’ in
seiner Entfaltung ist. Das erste macht die Welt zu dem an Gott
Partizipierenden, das zweite macht Gott zu dem die Welt Expli-
zierenden.
Aber beide Lehrstücke widersprechen einander nur dann, wenn
Participatio und Explicatio falsch verstanden werden. Cusanus hat
allezeit die Participatio der relativen Welt am absoluten Gott
bejaht, aber nicht als Teilhabe von dinglichen Exemplaren an einem
Gattungsbegriff, sondern als Methexis des Gemessenen am Maß-
stab. Und er hat allezeit die Explicatio bejaht, aber nicht als
Vervielfältigung des Urprinzips, sondern als mxpoucua des Övtcop Öv
in den ovxa. Beide Lehrstücke fordern einander, wie Chorismos
und Parusia bei Platon einander fordern. Das durchgängige Mehr
und Minder ist in der Dimension der Vielheit die 'Bezeichnung’
jenes absoluten Maßstabes, ohne den es gar kein Mehr oder Minder
gäbe: Tina omnium ratio, quae diversimode participatur’ (D.ign. I.
17). Explikation ist diejenige Form, in welcher allein Teilhabe ge-
dacht werden kann, wenn es sich um Teilhabe der Vielen am Einen
handelt. Eben dies ist: Welt, Universum, 'Kosmos seu ornatus,
qui et mundus dicitur’. Als das Eine in Vielem ist die Welt Har-
monie. Welt kann nur als Vielheit gedacht werden, aber unter
dem Einheitsbegriff der Totalität, und dieser ist 'Spiegelung’ des
Einen in Vielem. Das immer 'Andere’ (Welt) kann nur gedacht
werden als das in dieser Andersheit immer Selbige. Der Zusammen-
hang zwischen der absoluten Einheit und dem dinglich Vielen führt
über 'das konkret Eine’, und das ist die Welt. Ist aber der Schritt
von der Einheit zum Einen vollzogen, der Schritt der 'Contractio’,
d. h. des Prozesses, vermöge dessen das Absolute im Relativen sich
eingrenzt und beschränkt, so ist mit der Eins die Zwei gesetzt,
mit der Zwei die Drei; die Reihenbildung ist ins Dasein getreten.
Den Chorismos setzen zwischen absoluter Einheit und konkretem
Einen heißt zugleich: die Art der Methexis des Konkreten am
Absoluten zum Problem stellen. Ob wir sagen: das Universum ist
der Inbegriff der Teilhabe der Welt an Gott, oder ob wir sagen: das
Universum ist die Kontraktion des Absoluten, die Explikation der
Einheit zu der in ihrer Relativität harmonischen 'series ordinata’,
welche wir Welt nennen, ist ein und dasselbe.