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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1929/30, 3. Abhandlung): Das Universum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.39956#0036
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36

Ernst Hoffmann.

HumanitätderHominesimBeg riffdesidealmen sehen.
Das ist Cusanus’ Lehre, sie ist christlich und geschichtlich gedacht.
Wohlgemerkt, ich habe gesagt: Spekulativ ruht der Christus-
gedanke des Cusanus auf dem Eros-Metaxy Platons. Nur speku-
lativ ! Die religiöse Bedeutung des Eros-Symbols ist selbstverständ-
lich für Platon eine andere als die Erscheinung Christi für Cusanus;
Nikolaus war noch weit davon entfernt, Golgatha mit dem Olymp
zu verwechseln, wie es der spätere Humanismus tat.
Der Gedanke, daß in Eros die göttliche Ideenwelt etwa zu den
Sterblichen faktisch hinuntersteige, ist für den Griechen unvoll-
ziehbar. Eros ist niemals selber Idee. Eros bleibt Symbol für einen
Allheitshegriff natürlichen Strebens. Hingegen der Christ ist seiner
Sache sicher, daß Gott in Christus Fleisch geworden ist, daß die
Einigung zwischen Gott und den Menschen vollzogen ist, daß
Kreator und Kreatur versöhnt sind.
Würden ein Grieche und ein Christ über diesen Punkt debat-
tieren, so müßte der Christ mit Clemens sagen: das ist eben das
Wunder, daß Gott das begrifflich Erforderliche, die Synthesis, in
seinem Sohne faktisch vollzogen hat. Daher die Einmaligkeit
Christi, weil das Endgültige nur einmalig sein kann.
Der Grieche würde sagen: Ist der Bruch zwischen Idee und
Erscheinung gesetzt, so kann das Göttliche nicht Fleisch werden.
War Jesus Gott, so war sein Leib ein Scheinleib; nicht Er ist auf
Erden gewandelt, sondern sein fleischliches Eidolon. Was die
Christen Logos nennen, ist für die Griechen Mythos.
Dieser Kontrast1 zwischen christlichem und griechischem
Kosmologie auf mathematischer Basis. Das ist prinzipiell Rückkehr zum
Timaios. Kosmologie war immer eine Art Doxologie des Schöpfers gewesen.
Das bleibt sie auch bei Cusanus, aber sie wird noch mehr: der Gott, dem das
Gloria in excelsis gilt, wird zugleich zum absoluten Peras, in dem all unsere
Erkenntnis gegründet ist. Schon für Plotin galt, daß alles Viele nur durch die
Einheit Bestand habe; Cusanus aber fordert, daß das Viele mit Bezug auf
die Einheit durch Komparation untereinander begriffen werde. — Das ganze
Mittelalter hat vom Timaios, wenn auch beschränkt, Kenntnis gehabt; schon
Augustin schöpft ja aus ihm den Mut, auf die Gott-Welt-Dualität die Seele-Leib-
Dualität zu gründen. Aber erst Cusanus macht, wie Platon im Timaios, aus
dem Universum wieder einen Inbegriff, aus der Summe der Erscheinungen
wieder eine Totalität und schafft somit für die Erkenntnis einen Gegenstand,
welcher logisch aller Einzelerkenntnis vorangeht.
1 Hier ist der Punkt, wo der christliche Platoniker zum Mystiker werden
muß was Platon selber nicht gewesen ist: Das der Vernunft und Natur gegen-
über 'grundsätzlich Andere5 ist für den Christen der Eigenbereich der Religion,
 
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