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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0016
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Vorrede.

lierung von Einzelheiten gilt das nur teilweise. Davon entstammt
manches, besonders in dem zweiten, ontologischen Hauptteil, der
neuesten Zeit, und es war mir eine Freude, dabei auch zu einigen
Schriften Stellung zu nehmen, welche die Gegenwart lebhaft be-
schäftigen. Ich nenne vor allem die interessanten und eindringen-
den Arbeiten von Nikolai Hartmann und Martin Heidegger.
Sie kommen hier insofern in Betracht, als sie die Vorherrschaft
der Logik und Erkenntnistheorie in der Philosophie des so-
genannten „Neukantianismus“ bekämpfen und für eine Onto-
logie oder Metaphysik als philosophische Grundwissenschaft
eintreten.
Ich möchte meine Stellung dazu sogleich andeuten. Was die
Ontologie betrifft, war ich stets der Meinung, daß die Philosophie
Lehre vom Ganzen der Welt zu sein hat, und nachdem ich mich
entschlossen habe, den Terminus „Sein“ als den umfassendsten
Begriff für alles in der „Welt“ zu benutzen, stimme ich gern zu,
daß die Philosophie Ontologie sein muß. Der Name bringt,
besonders wenn man an seinen Wortsinn „Lehre vom Seienden“
denkt, die Aufgabe, das Ganze der Welt zu erkennen, gut zum
Ausdruck.
Dagegen sehe ich nicht ein, weshalb eine umfassende Ontologie
überall einen „metaphysischen“ Charakter tragen soll, d. h. erst
in einem „Jenseits“ das zu erblicken hat, worauf es ihr bei der
„Welt“ eigentlich ankommt. Ich will damit den metaphysischen
Fragestellungen nicht ihr Becht überhaupt absprechen, wie man
mich vielfach mißverstanden hat. Doch halte ich es für wünschens-
wert, daß man die Metaphysik als einen Teil der allgemeinen
Ontologie umgrenzt und ihr nur besondere Probleme des Welt-
Seins zuweist, während die allgemeine Ontologie vom Sein der
Welt überhaupt zu handeln hat, ein „Gegenstand“, der gewiß nicht
nur im Jenseits oder im „Ansich“, sondern auch im Diesseits oder
im „Für uns“ liegt. Das „Vaterland“ der Ontologie muß mit
andern Worten „größer“ sein, als die einseitig metaphysisch gerich-
teten Ontologen wollen. Die Ontologie darf ihre Heimat nicht nur
im Jenseits haben. Wir „sind“ nun einmal auch, ja zuerst in der
diesseitigen Welt, und sie vor allem sollten wir gründlich studieren.
Wir kennen bisher ihren Umfang noch lange nicht genug. So
„klein“, wie die Denker glauben, die das Diesseits mit der Sinnen-
welt oder der psycho-physischen Realität zusammenfallen lassen,
 
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