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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0033
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Fragestellung und Gliederung des Ganzen.

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scheiden sind: erstens ein Ich-Subjekt oder ein erkennender
Mensch, der die Wahfheit in seinem Seelenleben realisiert;
zweitens ein Satz, in dem diese Wahrheit zum sprachlichen, d. h.
körperlichen Ausdruck gebracht ist; drittens der wahre Er-
kenntnisgehalt selbst, oder der verstellbare wahre „Sinn“, auf
den es uns ankommt, und der weder mit dem Seelenleben des
erkennenden Menschen noch mit dem körperlichen Satz zusammen-
fällt, sondern in einer „unsinnlichen“, d. h. „anderen“ (intelligibeln)
Region liegt als die gesamte sensible, psycho-physische Realität;
und endlich viertens ein „Gegenstand“, der erkannt wird, oder
von dem der Satz eine Wahrheit aussagt.
Die Wahrheit selbst, d. h. der wahre „Sinn“, und vollends
der Gegenstand, von dem der Sinn gilt, bleibt zunächst im
Hintergrund, denn ausgehen muß die Untersuchung, um sich an
etwas unbezweifelbar „Gegebenes“ zu halten, von der sinnlichen
Realisierungsstätte der wahren Erkenntnis, und dabei entsteht
dann die Frage, ob es sich empfiehlt, die Logik mit dem seelischen
Akt des Urteilens, der die Wahrheit erfaßt, oder mit dem Satz,
der sie zum körperlichen Ausdruck bringt, zu beginnen.
Nachdem so ganz allgemein die Fragestellung entwickelt
ist, suchen wir in dem sich hieran anschließenden Abschnitt I, der
den psychischen Urteilsakt, den sprachlichen Satz und den
logischen Sinn genauer unterscheidet und diese drei Gebilde in
ihrem Verhältnis zueinander behandelt, zu zeigen, weshalb es sich
in unserem Falle, d. h. bei der Frage nach dem Wesen des Prä-
dikats, empfiehlt, beim Reginn der Untersuchung auch den
seelischen Urteilsakt (ebenso wie die Wahrheit selbst und den
Gegenstand der Erkenntnis) zurücktreten zu lassen und dafür vom
sprachlichen Satz auszugehen, um an ihm das Wahre der Er-
kenntnis selbst aufzufinden und in seiner logischen Struktur zu
studieren.
Doch haben wir auch damit noch keinen genau bestimmten
Ausgangspunkt der Untersuchung, denn es sind nicht alle Sätze
für unsern Zweck brauchbar. Der folgende Abschnitt (II) hat daher
die Aufgabe, zu zeigen, daß nur eine besondere Art von Sätzen,
nämlich nur Aussagesätze in Retracht kommen, falls an ihnen
das Wesen des wahren Sinnes gefunden werden soll. Ja es müssen
sogar solche Aussagen sein, die wir in einer genau anzugebenden
Redeutung „sprachlich vollentwickelte“ Sätze nennen können, d. h.
in denen sowohl das grammatische „Subjekt“ als auch das gramma-
 
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