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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0076
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Erster logischer Teil.

Kants, und man spricht ihn nur deswegen nicht aus, weil eine
solche „Erläuterung“ doch allzu selbstverständlich wäre. Syn-
thetisch dagegen ist der Satz „alle Körper sind schwer“ deswegen,
weil man, wie Kant voraussetzt, unter der Bedeutung des Wortes
„Körper“ auch etwas zu verstehen hat, was nicht schwer ist, und
der Satz das Prädikat „schwer“ dann also als etwas Neues zu dem
Begriff „Körper“ hinzufügt. So kann man nicht zweifeln, was Kant
meint.
Die Frage, ob es in dem angegebenen Sinne analytische oder
identische Sätze gibt, hängt selbstverständlich von der Besonder-
heit der Kantischen Beispiele in keiner Weise ab. Sicher kommen
Sätze vor, deren Prädikatsworte dasselbe ausdrücklich wiederholen,
was durch ihre Subjektsworte implicite bereits zum Ausdruck ge-
bracht worden ist, und solche identischen oder eventuell auch
analytischen Sätze sind in unserem Zusammenhang zunächst nur
insofern von Wichtigkeit, als wir sie nicht dazu benutzen können,
um an ihnen das Wesen des logischen Sinnes und seiner Struktur
festzustellen. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Falls wir bei
solchen Sätzen die grammatische Struktur mit der logischen Struk-
tur ihres Gehaltes identifizieren wollten, würden wir damit unser
logisches Problem geradezu verdecken, denn unser Problem
steckt allein in der ursprünglichen Synthese, die zwar schon
durch die Bezeichnung mit dem Subjektswort vollzogen sein
kann, aber noch durch kein grammatisches Prädikat zum Aus-
druck gebracht wurde. Die grammatische Struktur des Satzes
sagt uns daher in diesem Falle über die wesentliche ursprüngliche
Synthese auf logischem Gebiet garnichts.
Doch aus noch einem anderen Grunde sind die analytischen
Sätze für uns nicht geeignet. Man vermag ihrem Wortlaut nicht
anzusehen, ob ihre Wahrheit nicht lediglich die einer Namen-
erklärung ist. Es bestehen hier nämlich zwei Möglichkeiten, die
freilich Kant wieder nicht berücksichtigt hat, die wir aber aus-
drücklich hervorheben wollen.
Entweder haben die „analytischen“ Sätze in ihrer ursprüng-
lichen logischen Synthese einen gegenständlich wahren Sinngehalt,
der auch sprachlich so zum Ausdruck gebracht werden kann, daß
etwas über etwas anderes ausgesagt wird, also kein bloß iden-
tischer Satz vorliegt. Dann besitzen sie aber diesen Sinngehalt
nur insofern, als sie eine synthetische Wahrheit voraussetzen,
die sie wiederholen, und diese synthetische Wahrheit, deren sprach-
 
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