II. Der Aussagesatz und die logische Synthese des Einen u. des Andern. 67
Gedachtes, also Neues zu dem von ihm gedachten Subjekt erst
hinzu.
Derartige Einwände gegen die IvANTische Unterscheidung,
wie sie hier benutzt wird, beruhen auf einem völligen Mißverständ-
nis. Es kommt garnicht auf die „ Gedanken“ der Individuen, d. h. auf
seelische Gebilde an, die in der Tat bei jedem Individuum anders
sein können, sondern allein auf den „sachlichen“, d. h. logischen
Gehalt der Sätze, der stets derselbe bleibt, oder als derselbe voraus-
gesetzt werden muß, falls von einem Satz mit nur einem Sinn die
Rede sein soll. Dabei ist selbstverständlich vorausgesetzt, daß auch
das Subjektswort der Sätze eine bestimmte Bedeutung besitzt,
völlig unabhängig von dem Seelenleben der einzelnen Individuen.
Nur auf das Verhältnis der bestimmten Bedeutung des Subjekts-
wortes zu der ebenso bestimmten Bedeutung des Prädikatswortes
bezieht sich dann die Unterscheidung von analytisch und syn-
thetisch, und sobald man das verstanden hat, wird jeder „psycho-
logische“ Einwand hinfällig. Er hat mit dem logischen Problem,
das hier vorliegt, überhaupt nichts zu tun.
Vielleicht ist es gut, auch hierfür Beispiele heranzuziehen, die
das klarer machen. Zu den in der angegebenen Bedeutung des Wortes
analytischen oder identischen Sätzen, rechnet Kant die Aussage:
„alle Körper sind ausgedehnt“, und er stellt ihr dann die Aussage:
„alle Körper sind schwer“ als synthetisch gegenüber. Ob das Bei-
spiel glücklich gewählt ist, lassen wir dahingestellt. Klar bleibt
trotzdem, daß Kant sagen will: damit, daß ich etwas einen
„Körper“ nenne, prädiziere ich von ihm bereits implicite die Aus-
dehnung, denn unter einem nicht ausgedehnten Ding ist kein
„Körper“ zu verstehen. In die Bedeutung des Wortes „Körper“
ist die Bedeutung des Wortes „Ausdehnung“ mit eingeschlossen.
Sage ich also: „alle Körper sind ausgedehnt“, so ist dieser Satz
seinem logischen Sinne nach ebenso „identisch“, wie der Satz,
daß ein Dreieck drei Ecken hat. Der verschiedene Wortlaut ent-
scheidet nicht oder hat höchstens die Bedeutung, daß einmal die
Bezeichnung für den ganzen Subjektsbegriff wiederholt wird,
während das andere Mal nur ein Teil des „analysierten“ Subjekts-
begriffes mit dem zusammenfällt, was auch das Prädikatswort sagt.
Kant macht zwar diese Unterscheidung von total identisch oder
partiell identisch und dann erst eigentlich „analytisch“ nicht.
Jedenfalls aber ist auch der Satz: „ein Dreieck hat drei Ecken“,
obwohl nicht eigentlich „analytisch“, so doch „identisch“ im Sinne
5*
Gedachtes, also Neues zu dem von ihm gedachten Subjekt erst
hinzu.
Derartige Einwände gegen die IvANTische Unterscheidung,
wie sie hier benutzt wird, beruhen auf einem völligen Mißverständ-
nis. Es kommt garnicht auf die „ Gedanken“ der Individuen, d. h. auf
seelische Gebilde an, die in der Tat bei jedem Individuum anders
sein können, sondern allein auf den „sachlichen“, d. h. logischen
Gehalt der Sätze, der stets derselbe bleibt, oder als derselbe voraus-
gesetzt werden muß, falls von einem Satz mit nur einem Sinn die
Rede sein soll. Dabei ist selbstverständlich vorausgesetzt, daß auch
das Subjektswort der Sätze eine bestimmte Bedeutung besitzt,
völlig unabhängig von dem Seelenleben der einzelnen Individuen.
Nur auf das Verhältnis der bestimmten Bedeutung des Subjekts-
wortes zu der ebenso bestimmten Bedeutung des Prädikatswortes
bezieht sich dann die Unterscheidung von analytisch und syn-
thetisch, und sobald man das verstanden hat, wird jeder „psycho-
logische“ Einwand hinfällig. Er hat mit dem logischen Problem,
das hier vorliegt, überhaupt nichts zu tun.
Vielleicht ist es gut, auch hierfür Beispiele heranzuziehen, die
das klarer machen. Zu den in der angegebenen Bedeutung des Wortes
analytischen oder identischen Sätzen, rechnet Kant die Aussage:
„alle Körper sind ausgedehnt“, und er stellt ihr dann die Aussage:
„alle Körper sind schwer“ als synthetisch gegenüber. Ob das Bei-
spiel glücklich gewählt ist, lassen wir dahingestellt. Klar bleibt
trotzdem, daß Kant sagen will: damit, daß ich etwas einen
„Körper“ nenne, prädiziere ich von ihm bereits implicite die Aus-
dehnung, denn unter einem nicht ausgedehnten Ding ist kein
„Körper“ zu verstehen. In die Bedeutung des Wortes „Körper“
ist die Bedeutung des Wortes „Ausdehnung“ mit eingeschlossen.
Sage ich also: „alle Körper sind ausgedehnt“, so ist dieser Satz
seinem logischen Sinne nach ebenso „identisch“, wie der Satz,
daß ein Dreieck drei Ecken hat. Der verschiedene Wortlaut ent-
scheidet nicht oder hat höchstens die Bedeutung, daß einmal die
Bezeichnung für den ganzen Subjektsbegriff wiederholt wird,
während das andere Mal nur ein Teil des „analysierten“ Subjekts-
begriffes mit dem zusammenfällt, was auch das Prädikatswort sagt.
Kant macht zwar diese Unterscheidung von total identisch oder
partiell identisch und dann erst eigentlich „analytisch“ nicht.
Jedenfalls aber ist auch der Satz: „ein Dreieck hat drei Ecken“,
obwohl nicht eigentlich „analytisch“, so doch „identisch“ im Sinne
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