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Einleitung.
Fragestellung und Gliederung des Ganzen.
In der Philosophie unserer Universitäten und darüber hinaus
hat sich seit einiger Zeit der Schwerpunkt des Interesses in eigen-
artiger Weise verschoben. Ansätze zu solcher Wandlung waren
schon vor dem Weltkriege zu bemerken, und durch die umwälzenden
politischen Ereignisse ist die Tendenz, die dabei den Ausschlag gibt,
noch verstärkt worden. Die Bewegung nimmt jetzt bisweilen sehr
extreme Formen an, wie es dort vorzukommen pflegt, wo ein weit
verbreitetes Gefühl der Unsicherheit herrscht, und wo nicht nur
theoretische oder wissenschaftlich-sachliche Fragestellungen, son-
dern allgemeine „Lebensbedürfnisse“ der Personen, zumal der
Wunsch nach Neuerung oder Abwechslung, auch in der Philosophie
eine Rolle spielen. Mancher scheint heute sogar in bezug auf das
Denken der „Welt“ mit Mephistopheles zu meinen: „Es ist wohl
gut, daß man’s einmal probiert; dann aber wieder zu was Neuem!“
An dem Kontrastbedürfnis der jüngeren Generation gegenüber der
älteren werden wir uns am leichtesten orientieren. Ihm verdanken
die „neuen“ Bestrebungen wohl einen großen Teil ihrer Zugkraft.
„Alles fließt“. Also, glaubt man, muß auch die Philosophie sich
„wandeln“, um nicht hinter dem zurückzubleiben, was man „die
Zeit“ nennt, jenem mysteriösen Wesen, von dem Niemand zu
sagen weiß, was es eigentlich ist, und das doch alle „Zeitgenossen“
in seinen Bann zieht.
Die ältere philosophische Bewegung in Deutschland, die sich
erst nach 1870 voll entfaltete, aber schon vor der politischen Reichs-
gründung begonnen hatte, und von der man heute glaubt, daß sie
„überwunden“ sei, stand in der Hauptsache im Zeichen Kants.
Das bedeutete sachlich etwas Negatives und etwas Positives zu-
gleich. Einerseits wurde der Glaube erschüttert, daß die meta-
physischen Probleme in der Weise wissenschaftlich zu lösen seien,
wie z. B. der Materialismus oder der sogenannte „Monismus“ es
 
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