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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0133
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VI. Sein als Erkenntnisprädikat, als Denkprädikat u. als Copula. 125
Es scheint in der Tat so. Wir haben die Untersuchung mit
besonderen Beispielen begonnen und zunächst an den einfachen
Sinn von Wirklichkeitsaussagen über Körper angeknüpft, welche
Teile der Sinnenwelt zum Gegenstand der Erkenntnis machen. Da-
durch wurde für uns zuerst nur „das sinnlich Wirkliche“ zu dem
als wirklich Prädizierten und Erkannten. Dann erst wiesen wir
darauf hin, daß der primitivste logische Sinn eines Satzes, der etwas
als sinnlich wirklich aussagt, zwar primitiv, aber noch immer
speziell ist, da es außerdem auch erkannte Wahrheiten, ja ganze
Wissenschaften von nicht-sinnlich-wirklichen Gegenständen gibt,
wie die Mathematik. Sie handelt vom ideal Existierenden. So
blieben wir auch später bei mehreren verschiedenen Arten des ein-
fachsten Sinnes und mehreren dazugehörigen Urprädikaten
stehen. Ja wir mußten einige der Beispiele, die wir benutzt hatten,
als problematische Erkenntnisse wieder beiseite lassen, um uns
schließlich auf zwei Urprädikate, nämlich „sinnlich wirklich“ und
„unsinnlich geltend“ zu beschränken. Beide sind immer nur ein-
ander zu koordinieren, bilden also noch die Zweiheit eines Neben-
einander, dem die Unterordnung unter einen letzten, gemeinsamen
Begriff fehlt. Treibt uns nicht schon die Zweiheit weiter ? Gibt
es nicht ein letztes Urprädikat aller gegenständlichen Erkenntnis ?
Die denkbar größte Einfachheit oder Primitivität eines zu
jeder wahren Erkenntnis gehörigen Sinngebildes scheint jeden-
falls bisher noch nicht erreicht zu sein. Ja, es sieht so aus, als wäre
sie auf unserm Wege überhaupt unerreichbar. Hätten wir daher,
da es sich für uns nicht um inhaltlich besonders bestimmte Einzel-
erkenntnisse, sondern ganz allgemein um wahre Sinngebilde und
ihre logische Struktur überhaupt handelt, also die verschiedenen
Gegenstände, über die ein wahrer Sinn Erkenntnis gibt, in ihrer
Verschiedenheit entweder gar nicht oder höchstens als Beispiele in
Betracht kommen, nicht besser getan, von vorneherein eine noch
allgemeinere und den verschiedenen Beispielen gemeinsame einfach-
ste Erkenntnis ins Auge zu fassen, deren Prädikat dann als letztes
und einfachstes Urprädikat allen wahren Aussagen über Gegen-
stände überhaupt als unentbehrliche logische Voraussetzung zu-
grunde liegen muß ?
In dieser Weise konnten wir in der Tat verfahren, denn die
verschiedenen Urprädikate, die in den verschiedenen einfachsten
Sinngebilden Vorkommen, haben noch etwas Gemeinsames, und
gerade dieses Gemeinsame interessiert uns hier: sie lassen sich
 
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