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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0199
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IX. Das logische Problem der Metaphysik.

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insofern eine übersinnliche „Wirklichkeit“, die Erkenntnisform und
Prädikat in einem gegenständlichen Sinngebilde werden kann ? Die
Frage ist wieder als Frage gewiß nicht sinnlos.
Ja, vielleicht kann man noch mehr sagen, d. h. noch ein
anderes Gebiet bestimmen, das auf die Metaphysik hinweist. Der
Gedanke hegt nahe, es sei zwar möglich, mit dem in sinnliches und
unsinnliches, wahrnehmbares und verstellbares Welt-Sein auf-
geteilten Diesseits als „Welt überhaupt“ auszukommen, solange
man bei den wahrnehmbaren und den verstellbaren Gegenständen
bleibt, die im eigentlichen Sinn des Wortes „Gegen-Stände“ sind,
d. h. dem Ich-Subjekt entgegenstellen. Doch habe man in ihnen
noch nicht die Welt in ihrer Totalität, sondern dazu gehöre auch
das Reich der Ich-Subjekte als das der Nicht-Gegen-Stände. Sie
„gibt es“ doch ohne Frage, und nun kann man meinen, man gerate
sofort in theoretische Schwierigkeiten, falls man, um in Wahrheit
zum Ganzen der Welt zu kommen, versuche, auch das Ich-Subjekt
selbst, für das die wahrnehmbaren und verstehbaren Inhalte zu
Gegenständen werden, vollständig in den beiden diesseitigen
Sphären des Welt-Seins unterzubringen, d. h. es als ein zum Teil
nur wahrnehmbares, zum andern Teil nur verstehbares Seiendes
zu begreifen. Auch dabei spielt wieder der Begriff der Kausalität
eine Rolle. Müssen durch das Ich-Subjekt die beiden im Diesseits
getrennten Reiche nicht in besonderer Weise kausal miteinander
verbunden werden ?
Jeder wird sich doch fragen: kann ich nicht auf Grund eines
Verständnisses von Sinngebilden wirkend in die wahrnehmbare
Welt eingreifen, und zwar so, daß mein Eingreifen den von mir
verstandenen Sinngebilden in einer genau bestimmten Weise „ent-
spricht“ ? Es sieht in der Tat so aus, als ob es so sei, und zum min-
desten machen wir bei allem, was wir tun, diese Voraussetzung:
nachdem wir ein un,sinnliches Gebilde verstanden haben, handeln
wir in der Sinnenwelt so, wie wir entsprechend unserm Verständnis
des Unsinnlichen handeln und wirken Avollen. Auch der Deter-
minist wird das nicht leugnen können, solange er als wissenschaft-
licher Mensch wirklich „lebt“. Er vertritt die von ihm verstandene
Wahrheit und will damit wirken. Ja, gerade ein Leben, das im
Dienst der Erforschung des Wahren steht, setzt eine solche Fähig-
keit voraus, in der Sinnenwelt auf Grund von verstandenen Sinn-
gebilden Einfluß zu bekommen. Wenn es aber so ist, dann muß
dies eigentümliche „Entsprechen“ von Sinnlichem und Unsinn-
 
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