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Rickert, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 1. Abhandlung): Die Logik des Prädikats und das Problem der Ontologie — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40152#0202
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Zweiter ontologischer Teil.

mit dieser Frage es nicht etwa rechtfertigen, daß manche „Meta-
physik“ einen „formalen“ Charakter in der Weise zeigt, daß sie
nur aus Erkenntnisformen oder gar nur aus Denkformen besteht,
die dann notwendig ,,leer“ bleiben. Das ergibt im günstigsten
Falle mißverstandene Logik, aber keine Metaphysik. Die wahren
Sinngebilde der gegenständlichen metaphysischen Erkenntnis
dürfen nicht aus bloßen Formen bestehen, denn solche Formen
geben unter keinen Umständen für sich allein schon Erkenntnis
von Gegenständen. Mit ihnen kommt man höchstens zu solchen
Sätzen wie dem, daß alles in der Welt unter einen, letzten Begriff
falle. Aber die Sinngebilde der Metaphysik brauchen trotzdem
nicht einen Inhalt von der Art zu besitzen, wie er sich bei der
Erkenntnis des Diesseits direkt anschauen läßt, sondern der Inhalt
kann eventuell von einer solchen Art sein, daß er dem Erkennenden
lediglich auf einem Umwege zugänglich wird. Besteht wenigstens,
dazu eine Möglichkeit ?
Eine Andeutung sei gestattet: falls das, was wir bisher ge-
funden haben, richtig ist, könnte eine Logik des Versuchs, Begriffe
vom metaphysischen Jenseits zu bestimmen oder wahre Sinngebilde
zum Ausdruck zu bringen, die sich auf das ontos on der Welt als
einer Einheit des sensiblen und des intelligiblen Seins beziehen,
darauf hinauskommen, daß man sich klar macht: alle Erkenntnis
des Welt-Jenseits muß in bezug auf ihren Inhalt notwendig etwas
Uneigentliches an sich behalten, d. h. sie kann nur einen sym-
bolischen Charakter tragen1. Dies Wort hätten wir dann so zu
verstehen: der den Wahrheiten der Metaphysik fehlende anschau-
liche Inhalt wird ersetzt durch Sinnbilder, die ihren Inhalt zwar
schließlich doch dem Diesseits entnehmen, aber das, was sie sagen,
zugleich so gestalten, daß sie damit über sich hinaus auf ein Jen-
seits hin deuten und hierdurch unsere verstehenden Gedanken
wenigstens auf einen Weg bringen, auf dem sie, nachdem das
geschehen ist, sich dann selbst überlassen werden dürfen mit der
Anweisung, den Weg in der angegebenen Richtung weiter zu ver-
folgen, wenn — sie dazu fähig sind.
Vielleicht kann man sogar sagen, daß die meisten meta-
physischen Gedankengebilde, die nicht aus „leeren“ Erkenntnis-
oder Denkformen bestehen, tatsächlich von vorneherein schon
durch ihren Begriff eines Jenseits der Welt den hier angedeuteten
1 Vgl. meine Abhandlung „Die Erkenntnis der intelligiblen Welt und
das Problem der Metaphysik“ (Logos, Bd. XVIII).
 
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