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Gundolf, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 2. Abhandlung): Seckendorffs Lucan — Heidelberg, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.40153#0007
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Seckendorffs Lucan.

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nicht anders lim / und begehrte keine zeit mit nachschlagung und
auszeichnung andrer autoren zuzubringen / oder den kopff mit
speculation und aussinnung hoher und ungemeiner materien /
weniger mit auslesung sonderbarer zierlicher worte oder redens-
arten zu beschweren / sondern ich schriebe mehr aus dem hertzen
als aus der speculation, wie es mir aus vielen büchern / die ich ge-
lesen / oder vielmehr aus langer erfahrung in weit- und hof-Sachen
in die gedancken und ferner eilsam in die feder fiele. Demnach
als ich mich vorm jahre mit gutheißen eines hochverständigen
großen mannes / und meines allerwerthesten freundes entschlossen /
mit dem druck der Version zu verfahren / habe ich vergangenen
frühling und sommer bey vielen geschafften und reisen / auch oft
einfallenden leibsbeschwerungen zuweilen eine stunde abge-
brochen / und die angefangene anmerckungen oder discurse aus
den übrigen büchern des Lucani fortgestellt und zu papier bracht /
also / daß deren in die dreyhundert endlich heraus kommen; dabey
ist nun leicht zu ermessen / daß es eine geschwinde / extemporani-
sche und mit keiner kunst bedachte oder ausgeübte arbeit sey /dafür
kan ich sie nicht ausgeben: doch habe ich wissentlich nichts ge-
schrieben / welches der gesunden vernunfft und den bekanten
Regulen der Politic und Ethic, weniger der religion und furcht
GOttes zuwider lieffe / besonders aber dahin gezielet / daß man die
gäbe GOttes in der natur / oder deren licht / welches auch die
heyden gehabt / zwar aus diesem sinn- und lehrreichen autore,
Lucano, anmercken und nicht geringe halten / aber zugleich in
obacht nehmen möchte / wieviel höher und gründlicher die christ-
liche sitten-lehre aus Gottes wort zu schöpffen und zu treiben;
allermaßen ich mich denn keines weges geschämet / mich als ein
Christ / und wie meinem alter nach und wegen bald vermuthender
seligen auflösung aus diesem elenden vergänglichen Leben mir
wohl gebühret / hierbey zu erzeigen / und was mir aus der heiligen
schrift beygefallen / auch nach der so lange von jugend auf bey
höfen und in allerley wichtigen / auch gefährlichen geschafften und
erlangter experienz erbaulich geschienen / an den tag zu legen.
Wie gedacht / findet hier niemand einen ausgekünstelten stylum,
oder sonderbare neuersonnene meinungen / vielweniger loca paral-
lela, die ich zwar in großer menge hätte beybringen können / wenn
zeit und mühe daran zu wenden gewesen / sondern nur einen aus-
fluß dessen / was ich im hertzen habe / und durch die worte des
Lucani daraus gleichsam deriviret / und aufs papier zu fließen
veranlasset worden / daher manche Sache zwey- und mehrmahl
 
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