Die römische Kapitalstrafe.
11
Bürger nur nach vorgäDgiger Bestätigung des angerufenen Komi-
tialgerichtes vollstreckt werden dürfen. Diese Einschränkung des
Imperiums, die fortan die Wege des iudicare und des coercere
scheidet, steht also klar auf der Todeslinie. Als später der jüngere
Gracchus Anlaß hat, die Begrenzung erneut zu proklamieren, geht
sein Gesetz dahin, ne de capite civium Romanorum iniussu (vestro)
iudicaretur.1 Die Identifizierung steht außer Frage; sie ist technisch
und offiziell, ganz wie sie es dereinst in den XII Tabulae gewesen war.
5. Diese selbst dürften noch andere Anhaltspunkte liefern.
Die quaestores parricidii, quorum etiam meminit lex XII tabularum,
wurden,— früher oder später2 — allgemein dahin zuständig, daß
sie capitalibus rebuspraeessent (vgl. Pomp. D. 1,2, 2, 23). Das wird
insoweit von Festus vv. parrieiidii> und quaestores bestätigt: qui
solebant creari causa rerurn capitalium quaerendarum und von Dio
Cass. wiedergegeben: oi rac; xoü fiavarou öka<; TtponieTaYiaevoi
(54, 26).3 — Ferner: frugem . . . aratro quaesitam furtim noctu
pavisse ac secuisse puberi XII tabulis Capital erat, suspensumque
Cereri necari iubebant (Plin. nat. hist. 18, 3, 12). Wie hier der
Erntediebstahl (8, 9), so waren auch Brandstiftung (8, 10) und
oecentare (8, 1) unter Todesstrafe gestellt, ohne dadurch alsbald zu
öffentlichen d. h. staatlich geahndeten Verbrechen zu werden.4
— Nicht anders stand es mit dem für manifestus. Auch er war der
bis zum äußersten reichenden privaten Bache ausgesetzt: Poena
manifesti furti ex lege XII tabularum capitalis erat (Gai. III 189).5 6
Wlassak0 hat die durch Gellius’ (11, 18, 8) unzuverlässige Angabe
hervorgerufene Meinung, daß das Gesetz (8, 14) das addici d. h.
die Schuldknechtschaft dem handhaften Dieb als Strafe bestimmt
hätte, als unhaltbar dargetan. Aber der anderen Bemerkung des
Gellius (20, 1, 7), daß der Dieb in servitutem gegeben werde, ver-
1 Cic. p. Rabir. ad popul. 12. Weitere Belege bei Mommsen 2581; Rotondi,
Leges 309; s. auch Mommsen 168. 633 und Staatsrecht III 354'.
2 Hierzu Mommsen 1553. 615; Arangio-Riuz, Corso 97 ; Juncker, SZ.49, 610 f.
3 Freilich wäre noch zu untersuchen, ob Dio nicht jäq toü ffavccrou bka; -
res capitales im Sinne seiner Zeit (vgl. u. S. 42 ff.) versteht. So offenbar 52,
21 anf.; dazu Mommsen 220 5, anders v. Premerstein, SZ. 48, 444.
4 Vgl. Bonfante, Storia I 199. 201; Arangio-Ruiz, Corso di storia 95 ff.
{der freilich im Glauben an Salvians Zeugnis [XII Tab. 9, 6] die quaestores
parricidii schon zur Zeit der Decemvirn für alle Kapitalverbrechen zuständig
meint). Anders die älteren, z. B. Mommsen 60.
5 Ebenso Gai. IV 111; Serv. ad Aen. 8, 205.
6 SZ. 25, 95 ff.
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Bürger nur nach vorgäDgiger Bestätigung des angerufenen Komi-
tialgerichtes vollstreckt werden dürfen. Diese Einschränkung des
Imperiums, die fortan die Wege des iudicare und des coercere
scheidet, steht also klar auf der Todeslinie. Als später der jüngere
Gracchus Anlaß hat, die Begrenzung erneut zu proklamieren, geht
sein Gesetz dahin, ne de capite civium Romanorum iniussu (vestro)
iudicaretur.1 Die Identifizierung steht außer Frage; sie ist technisch
und offiziell, ganz wie sie es dereinst in den XII Tabulae gewesen war.
5. Diese selbst dürften noch andere Anhaltspunkte liefern.
Die quaestores parricidii, quorum etiam meminit lex XII tabularum,
wurden,— früher oder später2 — allgemein dahin zuständig, daß
sie capitalibus rebuspraeessent (vgl. Pomp. D. 1,2, 2, 23). Das wird
insoweit von Festus vv. parrieiidii> und quaestores bestätigt: qui
solebant creari causa rerurn capitalium quaerendarum und von Dio
Cass. wiedergegeben: oi rac; xoü fiavarou öka<; TtponieTaYiaevoi
(54, 26).3 — Ferner: frugem . . . aratro quaesitam furtim noctu
pavisse ac secuisse puberi XII tabulis Capital erat, suspensumque
Cereri necari iubebant (Plin. nat. hist. 18, 3, 12). Wie hier der
Erntediebstahl (8, 9), so waren auch Brandstiftung (8, 10) und
oecentare (8, 1) unter Todesstrafe gestellt, ohne dadurch alsbald zu
öffentlichen d. h. staatlich geahndeten Verbrechen zu werden.4
— Nicht anders stand es mit dem für manifestus. Auch er war der
bis zum äußersten reichenden privaten Bache ausgesetzt: Poena
manifesti furti ex lege XII tabularum capitalis erat (Gai. III 189).5 6
Wlassak0 hat die durch Gellius’ (11, 18, 8) unzuverlässige Angabe
hervorgerufene Meinung, daß das Gesetz (8, 14) das addici d. h.
die Schuldknechtschaft dem handhaften Dieb als Strafe bestimmt
hätte, als unhaltbar dargetan. Aber der anderen Bemerkung des
Gellius (20, 1, 7), daß der Dieb in servitutem gegeben werde, ver-
1 Cic. p. Rabir. ad popul. 12. Weitere Belege bei Mommsen 2581; Rotondi,
Leges 309; s. auch Mommsen 168. 633 und Staatsrecht III 354'.
2 Hierzu Mommsen 1553. 615; Arangio-Riuz, Corso 97 ; Juncker, SZ.49, 610 f.
3 Freilich wäre noch zu untersuchen, ob Dio nicht jäq toü ffavccrou bka; -
res capitales im Sinne seiner Zeit (vgl. u. S. 42 ff.) versteht. So offenbar 52,
21 anf.; dazu Mommsen 220 5, anders v. Premerstein, SZ. 48, 444.
4 Vgl. Bonfante, Storia I 199. 201; Arangio-Ruiz, Corso di storia 95 ff.
{der freilich im Glauben an Salvians Zeugnis [XII Tab. 9, 6] die quaestores
parricidii schon zur Zeit der Decemvirn für alle Kapitalverbrechen zuständig
meint). Anders die älteren, z. B. Mommsen 60.
5 Ebenso Gai. IV 111; Serv. ad Aen. 8, 205.
6 SZ. 25, 95 ff.