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Levy, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 5. Abhandlung): Die römische Kapitalstrafe — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40156#0016
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16

Ernst Levy:

gebunden gewesen seien. Hierbei werden, scheint mir, die erken-
nende und die vollstreckende Instanz nicht genügend auseinander-
gehalten. Das Entscheidungsverfahren kann gewiß nicht zu einer
von der gesetzlichen abweichenden Strafe führen.1 Wollen die
Richter die poena legis vermeiden, so haben sie nur das Ventil
der Freisprechung, selbst der des Schuldigen2:
Cic. de invent. 2, 59: ea igitur poena (seil, cullei) si adficere
reum non oporteat, damnari quoque non oportere, quoniam
ea poena damnationem necessario consequatur.
Aber man muß präziser sprechen: Das Entscheidungsverfahren
führt überhaupt zu keiner bestimmten Strafe. Die Strafzumessung
steht jenseits seiner Grenze, nur im Hintergrund und nicht im
Inhalt des Verdikts. Die Komitien als Provokationsinstanz waren,
wenn sie nicht als Träger der Souveränität Begnadigung gewährten,
auf die Bestätigung des magistratischen Urteils angewiesen.3 Ent-
sprechend bedeutete die Kondemnation in der Quaestio lediglich
die Bejahung der Schuldfrage4: der Vorsitzende Magistrat (Titium)
fecisse videri pronuntiat5, ohne auch nur ein Wort von der Strafe zu
sagen6; denn sie war aus dem die Tat treffenden Gesetz unmittelbar
abzulesen und darum spezieller Verkündung wie nicht bedürftig so
nicht fähig. Kein republikanisches Gericht hat je «auf den Tod
erkannt» oder Verweisung, Vermögenskontiskation oder sonst eine
konkrete Strafe ausgesprochen.7 Die Gewaltenteilung läßt sich nicht
schärfer kontrastieren, als Cicero es tut:
p. Sulla 63: nemo iudicium reprehendit, cum de poena
queritur, sed legem; damnatio est enim iudicum . . .,
poena legis . . .
9. Mit der Entscheidung der Komitien (oder später der quaestio)
ist deren Aufgabe erfüllt. In der Vollstreckungsinstanz entfaltet sich
1 Pernice, Labeo II 2, 43 f.; Costa, Cicer. II 152 und alle.
2 Vgl. namentlich Cicero einerseits part. orat. 43, andererseits p. Flacc. 98.
3 Mommsen 167. 171 f. 477. 1087; Hitzig, Schweiz. Z. f. Strafrecht 13 (1900),
194 f.; s. auch — gegen Seeger, Tübinger Festg. f. Wächter (1869) 98 ff., Strachan-
Dayidson I 108— Costa, Fic. II 132.
4 .Näheres z. B. bei Mommsen 446. 909. 1038; Hitzig, KE. IV 842 f.; Costa
II 149. 151.
5 Cic. in Verr. 2, 2, 93; 2, 5, 14; in Pis. 97; ad Att. 4, 17, 5; vgl. auch
Acad. prior. 2, 146 i. f. Dazu Mommsen 4491; Hitzig aaO.; Costa II 1495.
6 Anders, aber ohne Beleg, Mommsen 449. 1037, richtig 909.
7 Solche Wendungen mehrfach bei Mommsen, z. B. 72. 201. 220. 333. 942.
966. 1001 und allenthalben im Schrifttum.
 
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