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Ernst Levy:
eine ausdrückliche Hervorhebung der Normalstrafe wünschte und
sich bei deren Nennung nun im Ausdruck versah. Criminis poena
kommt überdies sonst nicht vor.1
Tryph. 17 disp. (Nr. 64) D. eod. 15: Idem est et si
crimen quidem, quod in liberto probatum est, meruerat ca-
pitis poenam, benignius autem punitus est libertus, veluti
tantum relegatus: de calumniatore enim sensit praetor.
Der Tatbestand ist das genaue Gegenstück des vorigen, die
Überarbeitung dient wiederum der Verselbständigung des Frag-
mentes. War sein Zusammenhang bei Tryphonin der gleiche wie
jetzt in der Kompilation, so bedurfte es der Worte [crimen •— poe-
nam] und [autem] nicht im mindesten. Sie sind sprachlich mehr-
fach verdächtig. Daß jemand eine Strafe oder ein Urteil «verdient»2
hat, scheint den klassischen Juristen nicht recht geläufig. Man
beachte die Embleme z. B. in D. 3, 2, 22 [propter quam id pati
meruit]; 9, 4, 9 (poenamJ3; D. 29, 5, 3, 17 i. f. (poenamJ4; D. 38, 12,
1 [qui capite puniri meruit]5; 49, 7, 1,5 [si vero graviorem senten-
tiam meruit — fn./; 50, 1, 15 pr. [sententiam — liberari]6 7 sowie
die nachklassischen Schriften fragm. de iure fisci 20 und [Paul.]
sent. Coli. 14, 2, 2 (cognitio meruit animadversionem!). Freilich heißt
es auch in Call. D. 48, 19, 27, 2: si qui . . . aliudve quod facinus,
ut capitalem poenam meruisse videantur, commiserint; aber diese
Wendung, deren capitalis poena ebenso korrekt ist wie capitis poena
inkorrekt, steht in einem kaiserlichen Liber mandatorum und ver-
meidet überdies die Personifizierung crimen meret poenam1, die in
den Digesten einzigartig ist.8 — Daß ein crimen in aliquo proba-
tum est, steht auch D. 3, 6, 8 in einem Glossem [sub — non est],
1 VJR. I 1070, 29.
2 Zu merere s. auch Beseler, SZ. 45, 445.
3 Vgl. Beseler, SZ. 46, 110.
4 Vgl. auch Beseler, SZ. 43, 550.
5 Anknüpfungsfloskel, die bezeichnend in Pap. fr. 2 eod. fehlt; sie ist
obendrein unrichtig, weil Macer nur den miles damnatus meinen konnte (Ulp.
D. 28. 3, 6, 6; Herrn, D. 82, 22, 1), und unvollständig, weil das Vorliegen eines
militare delictum zum Tatbestand gehört. Aus gleichem Grunde eingefügt ist
wohl hernach [si punitus sitj.
6 Dazu einstweilen Vassalli, Mise. crit. II 16 ff.
7 Ähnliches ist zu dem Reskript des Kaisers Marcus Ulp. D. 47, 12, 3, 4
zu sagen; zweifelhaft ist die Echtheit des meruisse-Satzes im Erlaß des Anton.
Pius Call. D. 48, 10, 81.
8 VJR. I 1069, 34.
Ernst Levy:
eine ausdrückliche Hervorhebung der Normalstrafe wünschte und
sich bei deren Nennung nun im Ausdruck versah. Criminis poena
kommt überdies sonst nicht vor.1
Tryph. 17 disp. (Nr. 64) D. eod. 15: Idem est et si
crimen quidem, quod in liberto probatum est, meruerat ca-
pitis poenam, benignius autem punitus est libertus, veluti
tantum relegatus: de calumniatore enim sensit praetor.
Der Tatbestand ist das genaue Gegenstück des vorigen, die
Überarbeitung dient wiederum der Verselbständigung des Frag-
mentes. War sein Zusammenhang bei Tryphonin der gleiche wie
jetzt in der Kompilation, so bedurfte es der Worte [crimen •— poe-
nam] und [autem] nicht im mindesten. Sie sind sprachlich mehr-
fach verdächtig. Daß jemand eine Strafe oder ein Urteil «verdient»2
hat, scheint den klassischen Juristen nicht recht geläufig. Man
beachte die Embleme z. B. in D. 3, 2, 22 [propter quam id pati
meruit]; 9, 4, 9 (poenamJ3; D. 29, 5, 3, 17 i. f. (poenamJ4; D. 38, 12,
1 [qui capite puniri meruit]5; 49, 7, 1,5 [si vero graviorem senten-
tiam meruit — fn./; 50, 1, 15 pr. [sententiam — liberari]6 7 sowie
die nachklassischen Schriften fragm. de iure fisci 20 und [Paul.]
sent. Coli. 14, 2, 2 (cognitio meruit animadversionem!). Freilich heißt
es auch in Call. D. 48, 19, 27, 2: si qui . . . aliudve quod facinus,
ut capitalem poenam meruisse videantur, commiserint; aber diese
Wendung, deren capitalis poena ebenso korrekt ist wie capitis poena
inkorrekt, steht in einem kaiserlichen Liber mandatorum und ver-
meidet überdies die Personifizierung crimen meret poenam1, die in
den Digesten einzigartig ist.8 — Daß ein crimen in aliquo proba-
tum est, steht auch D. 3, 6, 8 in einem Glossem [sub — non est],
1 VJR. I 1070, 29.
2 Zu merere s. auch Beseler, SZ. 45, 445.
3 Vgl. Beseler, SZ. 46, 110.
4 Vgl. auch Beseler, SZ. 43, 550.
5 Anknüpfungsfloskel, die bezeichnend in Pap. fr. 2 eod. fehlt; sie ist
obendrein unrichtig, weil Macer nur den miles damnatus meinen konnte (Ulp.
D. 28. 3, 6, 6; Herrn, D. 82, 22, 1), und unvollständig, weil das Vorliegen eines
militare delictum zum Tatbestand gehört. Aus gleichem Grunde eingefügt ist
wohl hernach [si punitus sitj.
6 Dazu einstweilen Vassalli, Mise. crit. II 16 ff.
7 Ähnliches ist zu dem Reskript des Kaisers Marcus Ulp. D. 47, 12, 3, 4
zu sagen; zweifelhaft ist die Echtheit des meruisse-Satzes im Erlaß des Anton.
Pius Call. D. 48, 10, 81.
8 VJR. I 1069, 34.