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Levy, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 5. Abhandlung): Die römische Kapitalstrafe — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40156#0056
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56

Ernst Levy:

tentur [aut ultimo supplicio mactanturj) die zweite Alternative mit
ihrem mactare1, das — von einem nachklassischen Erlaß2 abgesehen
— in der Rechtssprache nirgends belegt ist.3 Die beiden Ein-
schübe haben mit den zuvor betrachteten (D. 21, 1, 23, 2; 38, 2,
14, 4; eod. 15; 49, 16, 6, 7) das gemein, daß sie die die Anschauung
des Prinzipats charakterisierende Trennung der Termini mißachten.
In ihrem positiven Gebalt aber weichen sie von ihnen ab, indem
sie die capitis poena über die Todesstrafe hinausgreifen zu lassen
scheinen, die eine von ihnen sogar in einem so vagen Sinne, daß
die nicht einmal «kapitale» Relegation mitumfaßt wird. Das ist,
wenn nicht reines Mißverständnis4, so doch durchaus singulär,
insbesondere in diametralem Gegensatz zu der Auffassung der grö-
ßeren5 6 Emblemgruppe. Deren Tendenz zielt, wie am deutlichsten
D. 21, 1, 23, 2 erweist, nicht auf eine Erweiterung der capitis poena,
sondern auf die Einengung des (bisher alternativen) Begriffes ca-
pitalis (und capitis accuscire): er wird mit capite punire (capitis
poena) gleichgesetzt und also eingliedrig zum Ausdruck der Todes-
strafe. Hier braucht man nach einer Erklärung nicht lange zu
suchen; sie liegt in der Terminologie des Dominats.
27. Capitalis ist, wie bekannt, in dem alles Maß überschrei-
tenden Strafensystem der Monarchie zum Allerweltswort geworden.
Als kapital erscheinen immer wieder poena, sententia, supplicium,
daneben animadversio und periculum, vereinzelt clamnatio, exitium,
severitas, auch capitale allein und capitaliter treten auf. Zu allen
den annähernd hundert Stellen, die allein der theodosianische und
der justinianische Codex bieten, eine besondere Begründung zu
geben, ist hier nicht der Raum. Es bedarf dessen um so weniger,
als man diese capitalis-Wendungen schon bisher richtig auf die

1 Sie fehlt im Index des Dorotheos schol. CH lcaxa TTaxpoicxövujv i. f.
(Heimbach V 774).
2 CT. 9, 16, 7 (364).
3 Nach dem Berliner Digestenindex und den Indices von Gradenwitz,
v. Mayr und mir.
4 Als welches es der Index des Dorotheos schol. "Oxe okexr|t; (Heimb. V,
688) offenbar ansieht: . . beuopxcmova . . pv & xw Pituj fieÄeyaxvova kaXeoev.
Auch gibt er capitis . . in einer dem klassischen Stil viel angepaßteren Art mit
eic; xf|V pf] bi’ cdpaxot; KecpaX.iKf|v wieder.
6 Sie besteht nicht nur aus den eben genannten vier Fragmenten, son-
dern noch aus weiteren Digesten- und Codexstellen, die bei der Behandlung
der nachklassiechen capitalis poena alsbald zur Besprechung kommen : u. S. 58ff.
 
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