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Levy, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 5. Abhandlung): Die römische Kapitalstrafe — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40156#0069
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Die römische Kapitalstrafe. 69
späte Quelle wie die Consultatio (4, 2 i. f.; vgl. eod. 7) die Neuerung
noch nicht.
Die enge Yerschwisterung beider Embleme springt ja auch
in die Augen: durch den identischen Inhalt wie durch das
Stichwort sanguis, das gerade Patrikios angegeben hat. Es kommt
als Blutstrafe in den Digesten1 sonst nur noch einmal in ähnlichem
Zusammenhang2 3 vor —praeter quam in sanguine3 (D. 47, 15, 7) —
und ist hier als Glossem ohne weiteres kenntlich. Die dritte Stelle,
die VJR. V 242, 5 ft', zu sanguis in übertragenem Sinne verzeichnet,
D. 5, 2, 4 i. f., ist als unecht längst erkannt.4
35. Kehren wir zum Thema zurück. Uber die poena capitalis
als Todesstrafe wäre im Beryt des 5. Jahrh. kein Disput möglich
gewesen: zahllose Konstitutionen sprachen dazu ein diktatorisches
Wort.5 Ob dagegen das crimen capitale nicht etwa noch im
klassischen Sinne aufzufassen sei, das blieb eine offene Frage, weil
die neuen Leges hier keine Direktive gaben. Die iuclicia publica
hatten ihre systembildende Kraft eingebüßt.6 Sie erscheinen in
dem enormen Komplex der zwischen Konstantin und 534 ergangenen
Erlasse, die iudicium so häufig verwenden und von publicus förm-
lich widerhallen, überhaupt nur noch viermal: in einem den pru-
dentes entliehenen Hinweis auf die Lex Julia de vi (CT. 9, 20, 1
= CJ. 9, 31, 1, 1 [378]), als weltliche Gerichte im Gegensatz zu
den geistlichen (CT. 16, 2, 20 [370]7; Nov. Val. 35 pr. i. f. [452])
1 Auch Cod. Just, kennt die poena sanguinis sonst nur noch in 1, 9, 18, 3 -
Nov. Th. 3, 5 (438). Im CT. erscheint sie mehrfach.
2 S. auch Ferrini, Dir. pen. rom. 208.
3 Brencmann wollte die unmögliche Form in sanguinis (sc. ccuisis) bessern.
4 Index Interp. nebst Suppiem.
5 Zum 6. Jahrh. s. u. S. 76.
6 Anders Mommsen 192 f., nach dem gerade Konstantin und seine Nach-
folger die Entführung und die Häresie unter die alten iuclicia publica ein-
gereiht hätten. Allein der Terminus, der in diesem Zusammenhang begegnet,
ohne sich übrigens auf ihn zu beschränken, ist nur crimen publicum: ein
unklassischer Ausdruck (Albertario, Delictum e crimen 50ff.), der freilich
höchst selten den Gegensatz zu dem (kaum vorkommenden) crimen privatum
bilden wird (so Albertario), vielmehr regelmäßig auf die jedermann freistehende
(= publica) accnsatio abzielt. Mit dem klassischen iudicium publicum hat das
nichts zu tun. Die Ableitung dieses Namens aus dem populären Anklagerecht
ist nicht nur «unzweifelhaft falsch» (Mommsen 1924, Wlassak, Anklage 2236),
sondern auch unklaesisch. Ein Glossem ist [quo iudicio — licet] in D. 23, 2, 43,
10, spätere Arbeit Inst. 4, 18, 1 und. die Katene des Anonymos mit ihrer
krassen Abweichung von Macer D. 48, 1, 1 (schol. 1 init.; Heimbach V 671).
7 Vgl. Jac. Gothofred. adhl.
 
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