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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 7. Abhandlung): Fabel, Aretalogie, Novelle: Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial und Apuleius — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40158#0015
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Fabel, Aretalogie, Novelle.

15

guten Ende — man vergleiche Apuleius.1 An Isis zu denken, ist
man endlich versucht wegen der Rolle des Esels.
Zwar ist der Esel, als das Tier des Seth-Typhon, der Feind
der Isis, aber gerade an ihm bewährt sich der Typus vom „Heiligen
und den Tieren“. Er dient ihr. Asinos cum lside religiöse devoratis,
heißt es im Octavius des Minucius Felix 28, 7, und die Entzauberung
des in einen Esel verwandelten Lucius-Apuleius ist ja bekanntlich
eine der größten άρεταί der Isis. Da haben wir in stärksten Tönen
die Motive des Wunder-Bestaunens, die bei Phädrus nur noch schwach
erklingen. Apuleius, met. XI, 13: populi mirantur, religiosi venerantur
tarn evidentem maximi numinis potentiam . . . claraque et consona
voce, caelo manus adtendentes, testantur tarn inlustre cleae ieneficium.2
Ich habe diese und die Xenophonstelle nur des Typus wegen heran-
gezogen, nicht weil ich glaubte, Venus müsse auf eine Isis der
Quelle zurückgehen. Auch ein Walten Aphrodites konnte natürlich
derartig aufgefaßt sein in einer Novelle, die wir als „aretalogische“
deshalb bezeichnen dürfen, weil in ihr Veneris misericordia sich so
ungewöhnlich äußert, und der Schluß noch bei Phädrus zu stark
für diesen Charakter spricht, als daß wir uns mit „Novelle“ allein
begnügen dürften.
Unsere Schlüsse auf die Vorlage des Phädrus lassen sich teil-
weise wenigstens festigen durch Kombination mit einer antiken
Novelle, in der ebenfalls ein Esel als Träger einer Braut und um
diese bemüht zwei Freier Vorkommen. Das von Thiele vermißte
Parallelmaterial steckt dort, wo man es in erster Linie suchen wird:
im antiken Eselsroman. Nur · liegt es nicht so plan da wie im
Phädrus, sonst hätte man beide längst verglichen.
B. Die Vorlage der Phädrusfabel
und die Charite-Novellen hei Apuleius.
1. Die erste Novelle: Charite, der Esel und Tlepolemos.
a) Erste Handlungsstufe.
Es handelt sich um eine Reihe von Einzelmotiven, die über
ein größeres Stück der Metamorphosen sich erstrecken, aber alle
aus dem Charite-Novellenkreis3 stammen. Da sich, wie mir scheint,
1 Kerenyi a. a. 0. 180.
2 Vgl. was ich Philol. Wochenschr. 1924-, 730f. ausfübrte, dazu Kerenyi
a. a. 0. 163.
Die Berechtigung dieses Ausdrucks bzw. des Plurals oben im Titel (Cbaritc-
novellen) wird sich später ergeben.
 
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