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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 7. Abhandlung): Fabel, Aretalogie, Novelle: Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial und Apuleius — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40158#0044
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Otto Weinreich:

Fehlern aufgelegt.1 Er hat die Veritas geschaffen, hat aber auch
die von Dolus geformte Lüge (Mendacium) in den Töpferofen ge-
steckt.2 Den Satyr, der das Feuer küssen will, warnt er und be-
tont, wozu es den Menschen gut sei.3 Er als Schöpfer des Menschen
unterzieht sich (im Agon mit Zeus als Schöpfer des Stieres und
Athena als Schöpferin des Hauses) dem Urteil des Momus.4 Und
er trägt endlich auch die Schuld an gewissen auffallenden Er-
scheinungen im sexuellen Leben der Menschen. Was Phädrus —
hier m. W. der einzige Zeuge — bietet, soll zunächst ins Auge ge-
faßt werden. Nachher suchen wir es in einen weiteren Zusammen-
hang des antiken und primitiven menschlichen Denkens ätiologischer
Art zu stellen.
IV, 14 (15; Havet no. 64) ist unvollständig, erhalten nur die
Antwort auf eine Frage. IV, 15 (16; Havet 65) schließt sachlich
an, braucht aber nicht, wie öfters vorgeschlagen, mit dem Vorher-
gehenden zu einem Gedicht zusammengefaßt zu werden. Es liegt
ein Gedichtpaar vor: im römischen Buch keine Seltenheit, seit Catull
zu verfolgen; obwohl er sonst gern Zusammengehöriges durch ein
Zwischenstück trennt,' hat er, wie die Augusteer, dann vor allem
Martial wieder, auch Gedichtpaare. Pendants sind die Gedichte
1. durch das beiderseitige Thema: sexuelle Perversionen; 2. durch
Prometheus als αίτιος; 3. durch Äsop als Erklärer; 4. durch den
dialogischen Rahmen. All das erhellt aus dem Anfang des zweiten
Gedichts (IV, 15):
Rogavit alter, tribaclas et molles mar es
quae ratio procreasset? exposuit senex.
Idem Prometheus, auctor usw.
Idem — also war Prometheus in 14 genannt. Senex — das muß
Äsop sein, der III, 3, 14 als Aesopus . . ., naris emunctae senex be-
zeichnet wird, auf den II, prob 8 morem servabo senis geht, ebenso
deridendus senex III, 14, 4; seni III, 19, 11; senex app. 7, 3; pater
wird er app. 18, 3 angeredet. Pogavit — exposuit macht den dia-
logischen Rahmen deutlich. Nur alter ist nicht scharf zu präzisieren.

1 Babrios 66. Bei Phädrus IV, 10 tat es Zeus; bei Äsop 359 H. (303 Ch.)
wird kein Urheber genannt.
2 Phädrus app. 4. Offenbar ohne Parallele in der antiken Literatur; denn
wie aus Deubners Artikel Personifikationen (Roscher III, 2167) hervorgeht, kommt
Mendacium nur noch bei Hygin vor, aber als Tochter von Nox und Erebus.
3 Äsop 387 H. (aus Plutarch, de cap. ex inim. util. 2); nicht bei Ch.
4 Äsop 155 H. (124 Ch.).
 
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