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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 7. Abhandlung): Fabel, Aretalogie, Novelle: Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial und Apuleius — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40158#0045
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Fabel, Aretalogie, Novelle.

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Es kann (in einem Dialog zwischen zwei Personen) einfach der
Partner Äsops sein, es können aber auch zwei Fragende dasein;
der erste hätte das Thema für 14 gestellt, der alter dann für 15.
Jedenfalls klar ist dies, daß die Szenerie, Einführung des Äsop and
Zusammentreffen mit einem (oder zwei) Personen — jungen Männern?
—, im Beginn von 14 verlorengegangen ist. Erhalten haben sich
nur die zwei Verse:
a fctione veretri linguam mulieris;
adfiniiatem traxit incle obscaenitas.
Sie lassen die Frage unmißverständlich rekonstruieren: "woher
kommt das feüa/re, das ore morigerariP1 Die Antwort muß begonnen
haben: „es kommt daher, daß Prometheus geschaffen hat gleich
nach der Bildung des veretrum die lingua mulieris.“ Sachlich treffend
wäre also Havets <formavit recens> a fictione usw. Nur ist das als
Erzählung überaus kurz, man vergleiche etwa die behagliche Breite
in 15. Eine Parallele im Altertum gibt es nicht. Und ich ahne
nicht, woher das αίτιον für die gleiche Sache stammt, das mir in
einem üblen Machwerk, das den Namen des gelehrten Meursius
mißbraucht1 2, begegnete: Uride Jiaec insania? Accipe, finxerat hominem
Prometheus. Deerat penis, finxit et hanc meliorern partem e puriori
lato. Antequam applicaret, fonte lavit. Dein femineum corpus finxit.
Utrique infudit vitam. Sitiit midier. Eidern labra fonti admovit et
bibit. Hinc penis cum feminae bucca nata affnitas. Mit dem Phädrus-
fragment ließe sich das nur kombinieren unter der Annahme, daß
zwischen dem Versbeginn a f ctione veretri und dem Ende linguam
mulieris sowie zwischen diesem und dem Schlußvers einige Stücke
gestanden hätten, die materiell das enthielten, was dort erzählt wird,
und daß diese ganze Benaissance-Fabula auf einer vollständig er-
haltenen Phädrushandschrift beruhe. Das sind aber alles Unwahr-
scheinlichkeiten. Die nur partiell zutreffende Parallele beweist
lediglich dies, daß man auch in neuerer Zeit eine Antwort auf die
gleiche Frage suchte und fand, indem man eben Prometheus ver-

1 Vgl. Burmanns Kommentar. So häufig Graffiti vom fellare reden (Thes.
1. 1. VI, 456; zur Literatur vgl. v. Wilamowitz, Sappbo u. Simon. 73), so selten
erscheint es, trotz Parrhasios Gemälde (Brandt zu Ovid am. III, 2, 30) in der
Kleinkunst. Erst S. Loeschcke, Lampen aus Vindonissa (1919), S. 207, A. 26 und
397, no. 429 (dazu Tafel VIII), vermochte es auf einigen Lampen nachzuweisen.
2 Joannis Meursii Elegantiae Latini sermonis, Teil II (Aloisiae Sigeae Tole-
tanae Satyrae Sotadicae de Arcanis Amoris et Veneris p. II) Colloquium VII, p. 123
eines undatierten Nachdrucks.
 
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