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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 7. Abhandlung): Fabel, Aretalogie, Novelle: Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial und Apuleius — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40158#0058
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58

Otto Weinreich:

die Geschichte von Epponina1 heranzuziehen, die, obzwar historische
Wirklichkeit, doch in der Einzelgestaltung den Einfluß novellistischer
Kunst verrät. Charite, Kamma, Epponina stehen der Matrone als
Exernpla für mulierum virtutes gegenüber; um so lehrreicher sind
die einzelnen Berührungen motivischer und formaler Art.
1 Der Hauptzeuge, Plut. amat. 24f. hat den einen Sohn der Heldin in Delphi
kennengelernt. Julius Sabinus Caesar (über ihn Stein, RE. X 795f.), der 70 n.
Ghr. in den Aufstand des Civilis verwickelte Lingone, muß sich retten. Deshalb
läßt er seiner Frau melden, er habe sein Haus zerstört, sich vergiftet; so soll
dann die echte Trauer der Frau für seinen Tod zeugen und Nachforschungen der
Römer vereiteln. Als er von seinem Boten hörte, wie heftig die Trauer der Frau
war, fürchtet er, sie werde Selbstmord begehen und läßt ihr melden, er lebe. Sie
besucht ihn in dem Hypogeum, wo er sich versteckt hielt; zwei Kinder werden
dort gezeugt. Neun Jahre lang pflegt sie ihn, reist unerkannt nach Rom, um für
seine Begnadigung zu wirken. Doch wird Sabinus entdeckt, und Vespasian läßt
a. 79 Mann und Frau hinrichten. — Läge nur Plutarch vor, würde man geneigt
sein, dies dramatische Schicksal, das man im vollen Bericht Plutarchs nachlesen
möge, für eine historische Novelle zu halten, die Bekanntschaft Plutarchs mit dem
Sohn für eine Beglaubigungsfiktion. Aber Cass. Dio (Xiphil.) 56, 3 und 16 steht
daneben und vor allem Tacitus, hist. IV, 67: insigne Epponinae uxoris exemplum
suo loco recldemus. Er wollte also ausführlich, zum Jahr 79, ihre Geschichte und
den Tod des Paares berichten. — Den Namen der Heldin geben die Quellen ver-
schieden an: Epponina Tac. (was Stein, RE. VI, 260 für richtig hält); ΤΤεπονίλ(λ)α
Dio, während Plutarch sie Έμττονή nennt, was griechisch etwa ήρυυίς bedeute.
Auch das würde man wohl als Beweis für eine „heroische Novelle“ betrachten,
läge die historische Nebenüberlieferung nicht vor! Meinen Eindruck, daß der
Name Plutarchs den Vorzug verdiene, bestätigt mir Kollege E. Sittig. Er ist offen-
bar theophor. = Epona. Das eingedrungene μ mache keine Schwierigkeit. Weil
die Römer dieser Zeit Götternamen, als Menschennamen verwendet, nur bei Sklaven
gewohnt waren (FI. Meyersahm, Deorum nomina hominibus imposita, Diss. Kiel
1891), hätte die vornehme Frau ihren Namen modifiziert zu Eponina. Das er-
klärt m. E. gut die Verschiedenheit der Versionen. Plutarch kennt vorn Sohn die
einheimische Namensform, die Historiker die romanisierte, unter der die Frau in
die Geschichte eingegangen ist.
 
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