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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1930/31, 7. Abhandlung): Fabel, Aretalogie, Novelle: Beiträge zu Phädrus, Petron, Martial und Apuleius — Heidelberg, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.40158#0067
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Fabel, Aretalogie, Novelle.

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kommt). Hier kein Selbstmordplan. — P. 111, 3: Zum Selbstmordmotiv im
Hellenismus und in der Fabel, sowie Selbstmord aus Liebe vgl. Hirzel, Arch.
Rel. Wiss. 11 (1908) 424f., 429ff., auch S. 101 und 103; in Roman und Novelle:
Kerenyi a. a. 0. 10, 142, 168, 188. Als Epponina die (falsche) Nachricht vom
Tod ihres Gatten erhält, wirft sie sich klagend auf die Erde καί ημέρας τρεις
καί νύκτας τρεις ά σίτος διεκαρτερησε (Plut. amat. 770 F). Weil ihr Mann
ihren Selbstmord (wohl durch Hunger) fürchtet, läßt er sie die Wahrheit er-
fahren. Charite will έπαποθανεΐν: cunctasque prorsus pertemptat vias, certe
illam lenem otiosamque nec telis ullis indigentern, sed placidae quieti consimilem:
inedia (Apul. VIII 7). — Wie hier bei P. weder parentes noch propinqui noch
magistratus Erfolg haben, versucht Thrasyllus die maßlos trauernde, Hunger-
tod suchende Charite davon abzubringen partim per semet ipsum, partim per
ceteros familiäres ac necessarios, ipsos denique puellae parentes (beidemal drei-
gliedrige Klimax): Apul. ibid. Charite ersticht sich schließlich (VIII 14), da aber
endet Thrasyll, sponte delatus ad sepulchrum· . . . valvis super sese obseratis
an der Leiche der Geliebten, im Grabmal inedia sein Leben (VIII 14 Ende). —
Zu singularis exempli femina vgl. Tac. hist. IV 67: insigne Epponinae uxoris
exemplum; Plut. amat. 22, p. 768 B: αφθονίας δε παραδειγμάτων ουσης
. . . δμαις τό περί Κάμμαν ούκ ά£ιόν έστι Γαλατικήν παρελθεΐν. — Der quintus
dies ist ungewöhnlicher, üblich ist dreitägiges Trauerfasten, vgl. oben Epponina
bei Plut.; Anderson vergleicht Kriemhilts Klage 1056 und 1058: Dri tage und
dH nahte . . . an ezzen und an trinken bei Siegfrieds Leiche. Da die Trauernden
auch sonst drei Tage lang zu fasten pflegten, mindestens im Haus keine Mahl-
zeit bereiteten (Lukian de luctu 24; B. Schmidt, Arch. Rel. Wiss. 25, 1927, 62
und 64; Arbesmann, Fasten bei Griechen und Römern 26ff.), ist die 5 tägige
Frist Beweis für das έπαποθανεΐν. Uber Wechsel von 3 und 5 bzw. ihre Nach-
barschaft vgl. Birt, Rh. Mus. 70 (1915), 253ff.; meine Triskaidek. Studien 87, Α. 1.
Zur Rolle der Dreizahl s. unten zu P. 112, 3. Apuleius gibt für Charite keine
Zahl: dies totos totasque noctes insumehat luctuoso desiderio. — Pli. 5 erzählt
sehr ungeschickt. Das Selbstmordmotiv ist bei ihm und bei Rom. ganz eliminiert.
Daher sieht es so aus, als ob die Matrone erst durch ihre heftige Trauer in
den Ruf der castitas komme. P. ist, wie überall, auch hier besser: weil die
Frau ein exemplum pudicitiae war, will sie έπαποθανεΐν. Das mehrt, aber
begründet nicht erst ihre fama. Auch bei Älian a. a. 0. war zuerst die Herakleis
charakterisiert wie sie zu Lebzeiten des Mannes war, dann gesagt, daß sie am
Grab lebte. — Man kann nicht einwenden, das Selbstmordmotiv habe nicht in
der Vorlage gestanden, sei erst Ausschmückung des Petron. Denn auch bei
Ph. erstreckt sich die Handlung, wie das Folgende zeigt, über mehrere Tage,
während deren die Matrone dauernd im Mausoleum ist. Und welcher andre
Grund könnte sie da festhalten, als eben der Entschluß, dort durch Nahrung-
enthaltung zu sterben? — Statt castae virginis schlägt Housman c. coniugis
vor, Havet casto viduvio (so auch Brenot). Unnötig; bei Apul. VIII 7 heißt
es von der trauernden Witwe Charite und dem Leichnam: offciis in-
ferialibus statim exactis puella protinus festinat ad maritum suum
demeare (wo dann auch von den puellae parentes in der vorhin ausge-
schriebenen Stelle die Rede ist). Und Plut. mul. virt. 20, p. 257 E sagt:
Σινάτος γυναίκα παρθένον έσχε Κάμμαν. — Zur ganzen, kurzen Exposition
des Ph. und Rom. vgl. den Beginn der griechischen Version (vgl. oben S. 53)
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