Terremare und Rom.
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Anlage aussieht, muß sie doch auf Motive und auf Mittel der Durch-
führung zurückgehen, die es uns nicht schwer machen, sie im Be-
reiche einer italischen Frühkultur im zweiten Jahrtausend für mög-
lich zu halten. Das Quadrat oder Rechteck als Form eines Templum
(erhalten im ausgesparten Raume in der Osthälfte und im s.ö.
Friedhof) oder eines Lagers kann die Grundlage sein. Es fragt
sich, ob es möglich ist, aus dem Quadrat mit den einfachsten
Mitteln und mit erkennbarer Absicht die NO—SW-Orientierung,
das Trapez, die Straßenkreuzung und die Verhältnisse, in denen
die Teile zueinander stehen, zu entwickeln.
Der Versuch, den ich zur Lösung dieser Frage mache, nimmt
nicht in Anspruch, gefunden zu haben, wie die Pfahlbauer am Po
bei der Anlage ihrer Städte vorgingen, sondern nur, zu zeigen,
daß sich überhaupt ein geometrisches Prinzip, innerhalb dessen
sich ein Glied aus dem anderen entwickelt, in der Anlage erkennen
läßt. Es ist mir von sachkundiger Seite gesagt worden, daß es
gar nicht erstaunlich wäre, wenn sich viel mehr geometrische Mög-
lichkeiten zur Entwicklung dieses Aufrisses erkennen ließen. Es
ist also nur das geometrische Prinzip überhaupt, das in der Gestal-
tung der Terremaren aufgedeckt werden soll. Nur für den Anfang
wird es erlaubt sein, mehr als eine von vielen Möglichkeiten in An-
spruch zu nehmen.
Der einfachste Gedanke, den man für den Anfang haben kann,
ist der, von der Straße auszugehen, die im Lager cardo heißt und
naöh der Erklärung: kardo nominatur quocl directus a kardine
caeli est1 ursprünglich von N nach S gelaufen sein muß2. Damit
ist aber zugleich gegeben, daß wir von der Polaraxe ausgehen und
von dieser aus die Verschiebung nach NO—SW erklären müssen.
Dieser Anfang empfiehlt sich nicht nur, weil die Mittagslinie eine
gegebene und überall gleiche Ausgangslinie ist, sondern auch,
weil wir mit ihr auf das Grundschema des Templum (d. h. in der
bekannten späteren Weise zugleich des Lagers und der Lagerstadt)
kommen. Die Drehung nach NO und SW hängt mit dem Sonnenlauf
1 Frontin, Feldmesser p. 28, 15 Lachmann, p. 12, 2 Thulin; vgl. Siculus
Flaccus, Feldmesser p. 153, 19 L., p. 117, 20 Th.: cardo mundi und Hygin
(p. 166, 8 L., p. 131, 10 Th.): kardines a poli axe.
2 Der Cardo ist später hinter dem Decumanus zurückgetreten: Nissen
Templum S. 13. Mommsen Histor. Schriften 11 S. 96. Schulten Realencycl.
111 Sp. 1587. IV Sp. 2317.
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Anlage aussieht, muß sie doch auf Motive und auf Mittel der Durch-
führung zurückgehen, die es uns nicht schwer machen, sie im Be-
reiche einer italischen Frühkultur im zweiten Jahrtausend für mög-
lich zu halten. Das Quadrat oder Rechteck als Form eines Templum
(erhalten im ausgesparten Raume in der Osthälfte und im s.ö.
Friedhof) oder eines Lagers kann die Grundlage sein. Es fragt
sich, ob es möglich ist, aus dem Quadrat mit den einfachsten
Mitteln und mit erkennbarer Absicht die NO—SW-Orientierung,
das Trapez, die Straßenkreuzung und die Verhältnisse, in denen
die Teile zueinander stehen, zu entwickeln.
Der Versuch, den ich zur Lösung dieser Frage mache, nimmt
nicht in Anspruch, gefunden zu haben, wie die Pfahlbauer am Po
bei der Anlage ihrer Städte vorgingen, sondern nur, zu zeigen,
daß sich überhaupt ein geometrisches Prinzip, innerhalb dessen
sich ein Glied aus dem anderen entwickelt, in der Anlage erkennen
läßt. Es ist mir von sachkundiger Seite gesagt worden, daß es
gar nicht erstaunlich wäre, wenn sich viel mehr geometrische Mög-
lichkeiten zur Entwicklung dieses Aufrisses erkennen ließen. Es
ist also nur das geometrische Prinzip überhaupt, das in der Gestal-
tung der Terremaren aufgedeckt werden soll. Nur für den Anfang
wird es erlaubt sein, mehr als eine von vielen Möglichkeiten in An-
spruch zu nehmen.
Der einfachste Gedanke, den man für den Anfang haben kann,
ist der, von der Straße auszugehen, die im Lager cardo heißt und
naöh der Erklärung: kardo nominatur quocl directus a kardine
caeli est1 ursprünglich von N nach S gelaufen sein muß2. Damit
ist aber zugleich gegeben, daß wir von der Polaraxe ausgehen und
von dieser aus die Verschiebung nach NO—SW erklären müssen.
Dieser Anfang empfiehlt sich nicht nur, weil die Mittagslinie eine
gegebene und überall gleiche Ausgangslinie ist, sondern auch,
weil wir mit ihr auf das Grundschema des Templum (d. h. in der
bekannten späteren Weise zugleich des Lagers und der Lagerstadt)
kommen. Die Drehung nach NO und SW hängt mit dem Sonnenlauf
1 Frontin, Feldmesser p. 28, 15 Lachmann, p. 12, 2 Thulin; vgl. Siculus
Flaccus, Feldmesser p. 153, 19 L., p. 117, 20 Th.: cardo mundi und Hygin
(p. 166, 8 L., p. 131, 10 Th.): kardines a poli axe.
2 Der Cardo ist später hinter dem Decumanus zurückgetreten: Nissen
Templum S. 13. Mommsen Histor. Schriften 11 S. 96. Schulten Realencycl.
111 Sp. 1587. IV Sp. 2317.