Terremare und Rom.
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späteren Römertums, sie erklären dasselbe.“ Und S. 426 über die
fehlenden Beigaben: „dem alten strengen Ritus folgend, welcher
die durch die gemeinsame Erbauung der Niederlassung und die
gleiche Verteilung des Raumes für Hütten und desRechts am ge-
meinsamen Weide- und Landbesitz gewährleistete soziale und
politische Gleichheit aller Bürger auch im Tode zum Ausdruck
brachte.“
Was sich in diesen Vorstellungen ausspricht, scheint mir teils
zuviel und teils zu wenig zu sein. Die „Anhänglichkeit an die
Scholle“ ist romantische Deutung eines bloßen Motivs der Zweck-
mäßigkeit, zu dem wahrscheinlich noch die sakrale Gebundenheit
an den geweihten Ort hinzukam. Die Gleichheit im Tode macht
einen Schluß auf die Verhältnisse zu Lebzeiten nicht sicher, und
man muß auch wenigstens in dem Ausmaß zurückhaltend sein,
in dem man der militärischen Ordnung, wie sie sich im Bilde der
Stadt zeigt, ein ausgeprägtes Empfinden für soziale Gleichheit
zuschreibt. Vor allem wird man vorsichtig sein müssen, die Bin-
dungen und Ordnungen der Terremarestadt auf das spezifisch
Römische hin zu deuten. Gerade einige konkrete Erscheinungen,
die den Zusammenhang Roms mit den Terremaren beweisen kön-
nen, werden zu besonderer Vorsicht in der Ausdeutung allgemeiner
Züge mahnen. Und dazu kommt noch, daß die Zwischenschicht
des etruskischen Einflusses das Problem kompliziert1.
Religiös dürfte der Befund drei Deutungen zulassen: Sonnen-
kult2, Kult einer unterirdischen Gottheit, Seelen- und Däm onen-
glaube. Der Sonnenlauf hat das Bild der Stadt bestimmt3 und mittel-
bar auch die Linien des Friedhofs festgelegt. Im Gegensatz dazu
hatte der Mundus chthonische Bedeutung. Serv. zu Aen. III 134:
quidam aras superorum deorum volunt esse inferorum vero mundos.
Die Gegensatz-Beziehung zur Sonne enthält Cato bei Festus
p. 157: mundo nomen impositum est ab eo mundo, qui supra
nos est4. Dem Diovis steht der Vediovis (Veiovis) gegenüber.
Wissowa Relig. u. Kultus der Römer2 S. 113 f.: „Daß der Name
auf die idg. Wurzel dien- „glänzen“ zurückgeht und der Gott
1 Darüber in den Schlußbemerkungen.
2 Dazu ist die Deutung eines in Castione gefundenen dekorierten Discus
als Denkmal des Sonnenkults zu vergleichen. R. Schiff Giorgini im Bull,
pal. XXXVII 1911 S. 17ff.
3 Das soll nicht den praktischen Zweck ausschalten, möglichst viel
Sonne in die Straßen hineinzubringen (Pigorini a. S. 5 A. 3 a. O. S. 303).
4 Festus p. 143 M.: mundus appellatur caelum, terra, mare et aer.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-histor. Kl. 1931/32. 2. Abh. 2
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späteren Römertums, sie erklären dasselbe.“ Und S. 426 über die
fehlenden Beigaben: „dem alten strengen Ritus folgend, welcher
die durch die gemeinsame Erbauung der Niederlassung und die
gleiche Verteilung des Raumes für Hütten und desRechts am ge-
meinsamen Weide- und Landbesitz gewährleistete soziale und
politische Gleichheit aller Bürger auch im Tode zum Ausdruck
brachte.“
Was sich in diesen Vorstellungen ausspricht, scheint mir teils
zuviel und teils zu wenig zu sein. Die „Anhänglichkeit an die
Scholle“ ist romantische Deutung eines bloßen Motivs der Zweck-
mäßigkeit, zu dem wahrscheinlich noch die sakrale Gebundenheit
an den geweihten Ort hinzukam. Die Gleichheit im Tode macht
einen Schluß auf die Verhältnisse zu Lebzeiten nicht sicher, und
man muß auch wenigstens in dem Ausmaß zurückhaltend sein,
in dem man der militärischen Ordnung, wie sie sich im Bilde der
Stadt zeigt, ein ausgeprägtes Empfinden für soziale Gleichheit
zuschreibt. Vor allem wird man vorsichtig sein müssen, die Bin-
dungen und Ordnungen der Terremarestadt auf das spezifisch
Römische hin zu deuten. Gerade einige konkrete Erscheinungen,
die den Zusammenhang Roms mit den Terremaren beweisen kön-
nen, werden zu besonderer Vorsicht in der Ausdeutung allgemeiner
Züge mahnen. Und dazu kommt noch, daß die Zwischenschicht
des etruskischen Einflusses das Problem kompliziert1.
Religiös dürfte der Befund drei Deutungen zulassen: Sonnen-
kult2, Kult einer unterirdischen Gottheit, Seelen- und Däm onen-
glaube. Der Sonnenlauf hat das Bild der Stadt bestimmt3 und mittel-
bar auch die Linien des Friedhofs festgelegt. Im Gegensatz dazu
hatte der Mundus chthonische Bedeutung. Serv. zu Aen. III 134:
quidam aras superorum deorum volunt esse inferorum vero mundos.
Die Gegensatz-Beziehung zur Sonne enthält Cato bei Festus
p. 157: mundo nomen impositum est ab eo mundo, qui supra
nos est4. Dem Diovis steht der Vediovis (Veiovis) gegenüber.
Wissowa Relig. u. Kultus der Römer2 S. 113 f.: „Daß der Name
auf die idg. Wurzel dien- „glänzen“ zurückgeht und der Gott
1 Darüber in den Schlußbemerkungen.
2 Dazu ist die Deutung eines in Castione gefundenen dekorierten Discus
als Denkmal des Sonnenkults zu vergleichen. R. Schiff Giorgini im Bull,
pal. XXXVII 1911 S. 17ff.
3 Das soll nicht den praktischen Zweck ausschalten, möglichst viel
Sonne in die Straßen hineinzubringen (Pigorini a. S. 5 A. 3 a. O. S. 303).
4 Festus p. 143 M.: mundus appellatur caelum, terra, mare et aer.
Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-histor. Kl. 1931/32. 2. Abh. 2