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Eugen Täubler:
und die Stadtbegrenzung mittels des Sulcus eben den Ausschluß
der Flur von der Stadt bedeutet. Das ist der Akt (Grubenopfer
und Furchenzug), den Ovid und Plutarch beschreiben. Es muß
nun deutlich sein, daß im Terminus an der Grenze der Feldmark1,
im Sulcus am Rande der Stadt2 und in der Grube innerhalb der
Stadt drei sich lokal und funktional ausschließende Elemente der
Begründung von urbs et ager vorliegen.
Der Anstoß, den Thulin daran nahm, Ovids Beschreibung
auf den Mundus zu beziehen, ist trotzdem gerechtfertigt, nur nicht
im ganzen Umfange, sondern nur für den Schluß. Daß mit der
Grube und den Opfergaben der Mundus gemeint ist, kann weder
nach dem Zusammenhang mit Plutarch noch nach der Bedeutung
der hineingeworfenen Erde (darüber später) und dem Fehlen
dieses Brauchs bei dem Terminusopfer zweifelhaft sein. Dagegen
kann, was dann noch folgt, bei Plutarch aber fehlt (die Grube
wird mit Erde gefüllt, ein Altar darauf gesetzt), nicht dazu gehört
haben. Es erinnert an Vergil, Georg. II 230ff.: (um die Erdart
zu prüfen) ante locum capies oculis alteque iubebis in solido puteum
demitti omnemque repones rursus humum et pedibus summas
aequabis harenas3. Vielleicht hat ein ähnlicher Brauch bei einem
uns unbekannten Kult bestanden. Sollte der Terminationsritus
das Vorbild gewesen sein, sollte das Einsetzen und Befestigen des
Steins zum Auffüllen der Grube, der hinausragende und kultisch
verehrte Stein zum Altar umgebildet worden sein, um die Anpassung
an den Mundus zu ermöglichen, so läge eben nur dies vor, daß bei
Ovid an die Begründung des Mundus etwas vom Terminus her
in umgebildeter Form hinzutrat, aber nicht etwa die Notwendigkeit,
das, was in einer mit Plutarch übereinstimmenden und dem Ter-
minusopfer fremden Weise vorhergeht, dem Zusatz anzupassen
und das Ganze von einem sachlich auf dem Palatin unmöglichen
Terminusopfer zu verstehen und damit Ovid als Zeugen des pala-
tinischen Mundus auszuschalten4.
1 Die Opfer der Grenze entlang wurden durch ein Opfer am sechsten
Meilenstein der via Laurentina ersetzt. Ovid, fast. II 679ff. Wissowa a. a. 0.
2 Die cippi pomeri (Varro, de 1. L. V 143) begrenzen nicht die Stadt,
sondern nur die Innenseite der Wallstraße zur Kennzeichnung der Linie, bis
zu der Häuser gegen die Mauer hin vorgeschoben werden konnten (Mommsen
Röm.Forsch.IIS.35), so daß also ein Grenzkult bei ihnen nicht inFrage kommt.
3 Zu Ovid herangezogen von Nie. Heinsius in seiner Ausgabe Amster-
dam 1661.
4 Wie Ovid zu dem irrigen Zusatz kam, wird sich vielleicht nie erkennen
Eugen Täubler:
und die Stadtbegrenzung mittels des Sulcus eben den Ausschluß
der Flur von der Stadt bedeutet. Das ist der Akt (Grubenopfer
und Furchenzug), den Ovid und Plutarch beschreiben. Es muß
nun deutlich sein, daß im Terminus an der Grenze der Feldmark1,
im Sulcus am Rande der Stadt2 und in der Grube innerhalb der
Stadt drei sich lokal und funktional ausschließende Elemente der
Begründung von urbs et ager vorliegen.
Der Anstoß, den Thulin daran nahm, Ovids Beschreibung
auf den Mundus zu beziehen, ist trotzdem gerechtfertigt, nur nicht
im ganzen Umfange, sondern nur für den Schluß. Daß mit der
Grube und den Opfergaben der Mundus gemeint ist, kann weder
nach dem Zusammenhang mit Plutarch noch nach der Bedeutung
der hineingeworfenen Erde (darüber später) und dem Fehlen
dieses Brauchs bei dem Terminusopfer zweifelhaft sein. Dagegen
kann, was dann noch folgt, bei Plutarch aber fehlt (die Grube
wird mit Erde gefüllt, ein Altar darauf gesetzt), nicht dazu gehört
haben. Es erinnert an Vergil, Georg. II 230ff.: (um die Erdart
zu prüfen) ante locum capies oculis alteque iubebis in solido puteum
demitti omnemque repones rursus humum et pedibus summas
aequabis harenas3. Vielleicht hat ein ähnlicher Brauch bei einem
uns unbekannten Kult bestanden. Sollte der Terminationsritus
das Vorbild gewesen sein, sollte das Einsetzen und Befestigen des
Steins zum Auffüllen der Grube, der hinausragende und kultisch
verehrte Stein zum Altar umgebildet worden sein, um die Anpassung
an den Mundus zu ermöglichen, so läge eben nur dies vor, daß bei
Ovid an die Begründung des Mundus etwas vom Terminus her
in umgebildeter Form hinzutrat, aber nicht etwa die Notwendigkeit,
das, was in einer mit Plutarch übereinstimmenden und dem Ter-
minusopfer fremden Weise vorhergeht, dem Zusatz anzupassen
und das Ganze von einem sachlich auf dem Palatin unmöglichen
Terminusopfer zu verstehen und damit Ovid als Zeugen des pala-
tinischen Mundus auszuschalten4.
1 Die Opfer der Grenze entlang wurden durch ein Opfer am sechsten
Meilenstein der via Laurentina ersetzt. Ovid, fast. II 679ff. Wissowa a. a. 0.
2 Die cippi pomeri (Varro, de 1. L. V 143) begrenzen nicht die Stadt,
sondern nur die Innenseite der Wallstraße zur Kennzeichnung der Linie, bis
zu der Häuser gegen die Mauer hin vorgeschoben werden konnten (Mommsen
Röm.Forsch.IIS.35), so daß also ein Grenzkult bei ihnen nicht inFrage kommt.
3 Zu Ovid herangezogen von Nie. Heinsius in seiner Ausgabe Amster-
dam 1661.
4 Wie Ovid zu dem irrigen Zusatz kam, wird sich vielleicht nie erkennen