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Täubler, Eugen; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 2. Abhandlung): Terremare und Rom — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40160#0067
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Terremare und Rom.

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tung, die sie als Templum des Mundus hatte, auch als ältestes
Comitium benutzt wurde, wie wir es vom Templum in den Terre-
maren annahmen; wenn der Raum groß genug dafür war.
4. Pontifex.
Der stärkste Beweis für den Zusammenhang Roms mit den
Terremaren haftet an dem Worte pontifex. ■—- Es dürfte ein einzig-
artiger Fall sein, daß ein Wort, das etymologisch so eindeutig ist,
so viele Deutungen des Inhalts finden konnte, und darunter keine,
die sich als zwingend oder auch nur annähernd überzeugend er-
wiesen hätte. Diesem Tatbestand gegenüber liegt die Vermutung
nahe, daß die Identität von Wort und Sache in diesem Falle nicht
mehr aus Erscheinungen heraus erklärt werden kann, die in Rom
deutlich vor Augen liegen, sondern daß sie in eine Zeit zurückgeht,
in die wir gar nicht mehr oder nur sehr schwer zurückblicken können.
Versuche, die in dieser Richtung gemacht wurden, haben mehr-
fach richtige Ansätze, aber noch kein richtiges Resultat ergeben.
Die Geschichte der Deutungen beginnt im Altertum mit den
Anfängen der römischen Rechts- und Staatswissenschaft. Varro,
de ling. Lat. V 83: pontufices, ut Scaevola Quintus pontufex
maximus dicebat, a posse et facere, ut potifices. ego a ponte
arbitror: nam ab his sublicius est factus primum, ut restitutus
saepe, cum ideo sacra etuls et cis Tiberim non mediocri ritu fiant.
Die übliche Art, Scaevola kurzer Hand zur Seite zu schieben,
wird den Voraussetzungen, die ihn bestimmten, nicht gerecht.
Wir können nicht annehmen, daß dem Begründer der Systematik
des römischen Zivilrechts die Ableitung von pontem facere nicht
bewußt gewesen sei und daß nicht auch er sie an sich für die natür-
liche gehalten hätte. Wenn er sie ablehnte, kann der Grund dafür
also nicht ein sprachlicher, sondern muß ein sachlicher gewesen
sein: er muß nach der Überlieferung und nach den fortlebenden
Bräuchen jeden Zusammenhang der pontifices mit der Tiberbrücke
geleugnet haben. Auch Varros Hinweis auf die Opfer uls et cis
Tiberim können dem pontifex maximus Scaevola, wenn sie etwas
mit der Brücke und dem Pontifikalkollegium zu tun hatten, nicht
außer Sinn gewesen sein, als er über die Bedeutung seines ponti-
fikalen Titels sprach oder schrieb. Er hat also den Zusammenhang
des Wortes pontifex mit der Tiberbrücke so bestimmt abgelehnt,
daß er lieber zu der unmöglichsten Wortbedeutung griff, als ihn
anzuerkennen.
 
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