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Täubler, Eugen; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 2. Abhandlung): Terremare und Rom — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40160#0068
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68

Eugen Täubler:

Scaevola ging von der Sache aus, um das Wort zu erklären.
Umgekehrt Varro. Das Wort stand ihm in seiner Bedeutung fest
und er suchte die entsprechende sachliche Erklärung. Hätte er
sich begnügt, auf Grund des Wortes anzunehmen, daß die Brücke
einmal von einem pontifex gebaut worden sei, so wäre er über das
Wort nicht hinausgekommen; aber durch den Hinweis auf die
Opfer uls et cis Tiberim glaubte er, nicht nur die Sache aus dem
Wort abgeleitet, sondern diese Ableitung auch mit einem fort-
dauernden Brauch begründet zu haben. Die Meinungsverschieden-
heit zwischen Scaevola und Varro1 muß also in erster Linie nicht
als sprachliche, sondern als sachliche verstanden und gewertet
werden, und es zeigt sich, daß nach dieser Richtung Scaevola im
Recht ist, daß Varro der richtigen Etymologie eine falsche sachliche
Begründung gegeben hat. Es handelt sich nicht nur um die Opfer
uls et cis, sondern auch um die in diese Begründung in umgedeuteter
Weise hineingezogene Überlieferung. Nach dieser ist der Ponti-
ficat schon von Numa begründet2, die Brücke dagegen erst von
Ancus Marcius im Zusammenhang mit der Einbeziehung des Jani-
culum hergestellt worden3. Plutarch umging die Schwierigkeit,
indem er den Bau der Brücke schon unter Numa begonnen und
unter Ancus vollendet werden läßt4. Auch Varro hat umgedeutet:
da er Numa die Begründung des Pontifikats nicht abgesprochen
haben kann, hat er entweder ihm die Errichtung der Brücke
(factus primum) und Ancus die erste Erneuerung (restitutus saepe)
zugedacht, oder, wie Spätere (unten S. 71), die Absicht zum Bau
und zur dauernden Fürsorge für die Brücke mit der Begründung
und Benennung des Amts dem Numa, den Bau selbst dem Ancus
zugewiesen.
Der umgedeuteten Überlieferung wollte er einen fortlebenden
Brauch zur Seite stellen. Er hat den Opfertag uls et cis Tiberim
1 Man könnte sich denken, daß sie darüber mit einander sprachen.
Cicero (geh. 106) sagt von sich, nachdem er vom Augur Scaevola, dem Oheim
unseres Oberpontifex gesprochen hat (Lael. 1, 1): quo mortuo me ad pontificem
Scaevolam contuli, als Schüler. Die bedeutendsten Juristen ihrer 'Zeit zählt
Pomponius in den Digesten I 2, 2, 42 als Scaevolas Schüler auf. Er starb 82,
Varro ist 116 geboren.
2 Cicero, de rep. II 26; de orat. II 73. Livius IV 4, 2. Dionys II 73.
Plutarch, Numa 9.
3 Livius I 33, 6. Dionys III 45, 2.
4 Numa 9: oü gpv dTAd xal ttjv ^uXIvt]v tcov Noga ^povcov drcoAsiusaha!.
Tiyoucuv, wtö Mapxlou toü Noga üuyaTptSoü ßaciVhovTOi; d-OTehschsiaav.
 
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