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Täubler, Eugen; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 2. Abhandlung): Terremare und Rom — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40160#0069
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Terremare und Rom.

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nicht näher bezeichnet. Da an das Argeeropfer nicht gedacht
werden kann1, bleibt für Varros Beziehung nur das Fest der Vol-
turnalia des 27. August2. Über ihren Ritus ist nichts bekannt,
aber es würde zu einem dem Fluß als solchem (als „fließendem
Wasser“) gefeierten Fest3 gut passen, daß an beiden Ufern geopfert
wurde. Man kann annehmen, daß dies, weil der Priester von einem
Ufer zum anderen mußte, in der Nähe der Brücke geschah, aber
kultisch kann die Brücke als Motiv mit diesem Opfer nicht in Zu-
sammenhang gebracht werden. Ein Sühneopfer für den durch die
Brücke verletzten Gott (unten S. 72 f.) und ein dem Gott als
fließendem Element an beiden Ufern gebrachtes Opfer stehen sich
ganz wesensverschieden und unvereinbar gegenüber. Die Flußkulte
stehen den Quellkulten nahe, die Feier uls et cis weist vielleicht
darauf hin, daß es galt, durch Opfer an den über die Ufer tretenden
Fluß Unheil abzuwenden oder in Segen zu wandeln4. Daß dieses
Fest keinen Zusammenhang mit der Brücke und dem „Brücken-
bauer“ hatte, wird auch dadurch erwiesen, daß der Kult des
Volturnus von einem eigenen Flamen versehen wurde5. Nun
gehören die Flamines, die kleinen wie die großen, allerdings zum
1 Diese Sühnezeremonie ist erst im 3. Jahrhundert durch sibyilinischen
Spruch nach griechischem Brauch eingeführt worden und wurde überdies
von der Brücke aus veranstaltet, Wissowa Realencycl. Argei, wieder ab-
gedruckt in seinen gesammelten Abhandlungen zur röm. Religions- und Stadt -
gesch. 1904 S. 211 ff. Vgl. Religion u. Kultus d. Römer S. 420f. und G. Herbig
in der Zeitschr. f. vgl. Sprachforschung XLVII 1916 S. 213ff.
2 Fasti Vall. (C. I. L. I l2p. 240): Volturno flumini sacrificium. Varro,
de ling. Lat. VI 21. Volturnus (von volvere) als Flußbezeichnung, wie in Cam-
panien, nachgewiesen von Mommsen C. I. L. p. 327, vgl. Wissowa Relig.
S. 224. Tiberinus ist ursprünglich adjektivischer Zusatz, später verselbständigt
als Tiberinus pater, mit einem Heiligtum auf der Tiberinsel. Die ludi piscatorii
vom 7. Juni, das Innungsfest der Tiberfischer, wurde nur frans Tiberim ge-
feiert. Wissowa a. a. O. S. 225. W. Schulze Zur Geschichte lat. Eigennamen
S. 540 Anm. 3: „Die Verbreitung des Namens scheint zu beweisen, daß
Tifer- Tiberis eine allgemeinere Bezeichnung für Fluß gewesen sein muß, etwa
wie Volturnus nach Mommsens einleuchtender Deutung.“
3 Vgl. L. Deubner in dem von Bertholet und Lehmann herausgegebe-
nen Lehrbuch der Religionsgesch. II 1925 S. 441.
4 Das rechte Ufer, das Gebiet der durch Romulus erworbenen septem
pagi und des Haines der bei der Lustration der römischen Feldmark verehrten
dea dia, gehörte zum ältesten Rom.
5 Varro, de ling. Lat. VII 45: sunt in quibus flaminum cognominibus
latent origines, ut in his qui sunt versibus plerique: Volturnalem . . . Dazu
der sacerdos Volturnalis bei Festus, ep. p. 379.
 
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