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Täubler, Eugen; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 2. Abhandlung): Terremare und Rom — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40160#0080
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80

Eugen Täubler:

Elemente vielfach auf den folgenden Seiten) und in H. J. Roses
Primitive culture in Italy (1926) gefunden. Dieser Kulturstufe
gehören die Anschauungen an, die in dem Stadtplan der Terre-
maren zum Ausdruck kommen.
Man könnte zu dem, was berührt wurde, manches hinzunehmen;
aber es ist besser, hier, wo es nur auf die Grundlegung der Deutung
und die Beziehungen zu Rom ankam, davon abzusehen1. Ebenso
von Herkunfts- und älteren Entwicklungsfragen. Nur allgemein
sei darauf hingewiesen, daß die Stadt der Terrernaren zwar im Kreise
der europäischen Kulturen des 2. Jahrtausends und mit der Form
des Trapezes überhaupt allein steht2, daß aber ähnliche Anlagen
aus verschiedenen, einander ganz fernstehenden Kulturen bekannt
sind. Man denkt zunächst an das quadratische Babylon3. Auch
aus dem vorisraelitischen Kanaan ist eine rechteckige befestigte
Stadt bekannt. Wenn man quadratische Negerdörfer mit reihen-
weis angeordneten Hütten trifft, so können sich darin vom Reli-
giösen unabhängige Motive des befestigten Lagerdorfs auswirken.
Aber wenn Marco Polo berichtet, ,,daß die Mongolen selbst ihre
beweglichen Hüttenzelte immer so errichtet hatten, daß die Türe
nach Süden lag“4 und in jeder chinesischen Stadt die Nord-Süd-
Achse streng innegehalten wird, das südliche Mitteltor immer das
1 So würden Hermann Guenterts Bemerkungen über die apotropäische
Bedeutung des Spitzwinkels (in der Zeitschrift Wörter und Sachen XI 1928
S. 133) möglich machen, zu erwägen, ob in dem ausgezogenen Winkel im SW.
(Fontanellato und Rovere), der oben S. 17 A. 3 aus der möglichst breiten Zu-
wendung der Stadt zum östlichen und südlichen Lauf der Sonne erklärt wurde,
nicht auch gegen die westliche Unglücksseite hin (oben S. 14 A. 1) apotropäische
Bedeutung hatte. Aber nördlich des Po lag dieser „Wasserteiler“ im NO (oben
S. 28 A. 7), und wollte man dies hier nur für eine durch die Flußläufe gebotene
Abweichung halten, wie es südlich des Po bei Montata dell’Orto und Colombare
die Bersano deutlich wurde (oben S. 24f. 27), so käme man so sehr in nicht ge-
nügend zu begründende Vermutungen hinein, daß es nötig erscheint, alles im
Zweifel zu lassen.
2 Um anzudeuten, in welche Tiefen einzelne Grundlagen zurückgehen,
sei darauf hingewiesen, daß bereits im Mousterien (in der letzten Eiszeit)
rituelle Bestattung mit einer „fast immer west-östlichen Orientierung der
Gräber“ üblich gewesen ist (Menghin Weltgesch. d. Steinzeit S. 100), und daß
die großen Rundanlagen von Stonehenge und Avebury, auch wenn sie nicht
als Sonnenheiligtümer sondern als Grabanlagen zu deuten sind (C. Schuch-
hardt Alteuropa2 S. 70ff.), sich wohl nicht zufällig nach NO und SO öffnen.
3 Die Neigung des Quadrats von NO nach SW. könnte zufällig sein.
4 Zitiert nach Marie Luise Gothein Die Stadtanlage von Peking,
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte VII 1930 S. 11.
 
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