Metadaten

Brinkmann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 3. Abhandlung): Der Nationalismus und die deutschen Universitäten im Zeitalter der deutschen Erhebung — Heidelberg, 1932

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0006
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6

Carl Brinkmann:

i.
Der Regierungsliberalismus gegen die Universitäten.
Als die beiden Grundelemente des deutschen Universitäts-
problems vor hundert Jahren wie heute erscheinen mir auf der
einen Seite die Stellung der Universität an der Spitze der natio-
nalen Unterrichts- und Erziehungsanstalten, auf der anderen Seite
die Verbindung der Studentenschaften mit der bürgerlichen Gesell-
schaft und ihren durch die Aufklärung begründeten freien Organi-
sationsformen. Diese werden im Zeitalter vor der Französischen
Revolution, symbolisch für die ganze Folgezeit, durch den Gegen-
satz innerhalb des großenteils freimaurerischen Vereinswesens be-
zeichnet, den in seltsamer Überschneidung von Süddeutschland her
der liberal-katholische Illuminatenorden, der Träger von Mont-
gelas’ bayrischer Reform2, in Norddeutschland die konservativ-
theosophische Rosenkreuzerbewegung bildeten. Durch die soziale
Auflösungs- und Neubildungsepoche der Revolution wurde das Ver-
hältnis des Staats zu den Universitäten erstmals in einer merk-
würdigen, bisher so gut wie gar nicht untersuchten Weise zu einer
der vielen Reformfragen des deutschen öffentlichen Lebens.
Das preußische Edikt vom 20. Oktober 1798, das Friedrich
Wilhelm II. in seinem ersten Regierungsjahr „wegen Verhütung
und Bestrafung geheimer Verbindungen, welche der allgemeinen
Sicherheit nachteilig werden könnten3“ erließ, ist von der späteren
Reaktion als auch auf die Studentenverbindungen anwendbar auf-
gefaßt worden4. Allerdings sagt der erste Absatz der Legaldefinition
(§ 2): verboten seien Verbindungen, „deren Zweck, Haupt- oder
Nebengeschäft darin besteht, über gewünschte oder zu bewirkende
Veränderungen in der Verfassung oder in der Verwaltung des Staates
oder über die Mittel, wie solche Veränderungen bewirkt werden
könnten, oder über die zu diesem Zweck zu ergreifenden Maßregeln
Beratschlagungen, in welcher Absicht es sei, anzustellen.“ Aber
Studenten und Universitäten werden in dem Edikt nicht genannt.
Ebensowenig sollte, wie eine gängige Ansicht will, „aus Angst vor
2 R. Le Forestier, Les Illumines de Baviere et la Franc-Magonnerie
allemande (1914) 542ff.
3 C. L. H. Rabe, Sammlung Preuß. Gesetze und Verordnungen 5 (Halle-
Berlin 1817), 226ff.
4 F. Meusel, Friedrich August Ludwig v. d. Marwitz 2, 2 (Berlin 1913),
470 aus 1836. Vgl. L. v. Rönne, Unterrichtswesen des Preuß. Staates 2 (Bin.
1855), 572f.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften