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Carl Brinkmann:
Jena, wo offenbar Jahns Berliner Bestrebungen mit dem Feuer
Ludens zusammentrafen, drang jene „sittlich-religiöse“ Erneue-
rung der deutschen Studentenschaft vor, die die Ideale der Mäßig-
keit und Keuschheit doch mit denen absoluter Wehrhaftigkeit zu
vereinen strebte und trotz aller Gegensätze zwischen alten Lands-
mannschaften und neuen Burschenschaften doch auch jene in ihren
Bann schlug101. In Jena, wo die heimgekehrten studentischen Kriegs-
teilnehmer aller Lager die ersten „Wehrschaften“ zu gemeinsamer
Waffenübung einrichteten, half ihnen der aus Heidelberg neu be-
rufene Jakob Friedrich Fries „das Duell auf feste Prinzipien
basieren und zeichnete für das Schieds- und Ehrengericht die gel-
tenden Normen vor102“. Von ihm aber schrieb Goethe am 24. Juni
1814 an Sulpiz Boirseree103: „Die sämtliche Judenschaft erzittert,
da ihr der grimmigste Gegner . . . nach Thüringen kommt. In Jena
darf nach alten Gesetzen kein Jude übernachten. Diese löbliche
Anordnung dürfte gewiß künftighin besser als bisher aufrecht erhal-
ten werden.“
Das ging auf die offensichtlich sehr bekannte Tatsache, daß
Fries in der nach dem Kriege wieder lebhaft ausgebrochenen
Literaturfehde um die Judenfrage sehr bestimmt Stellung genom-
men hatte. Der diesmal ungeheuer praktische Anlaß der Fehde war
die den deutschen Einzelstaaten wie den Schöpfern des Deutschen
Bundes beim Wiener Kongreß vorliegende Entscheidung, ob und
in welchem Umfang die verschiedenen Emanzipationsgesetze der
Franzosenzeit in Kraft bleiben und sogar in der Bundesakte sank-
tioniert werden sollten, wobei in bezug auf dies Letzte schließlich
auf Antrag des (englischen!) Königreichs Hannover und Bremens eine
äh nliche zweideutige und vermittelnde Fassung durchging wie die des
berühmten Artikel 13 über die landständischenV erfassungen104.Wäh-
weis auf die Farben der Lützower und der Vandalen wäre dann nur ein Binde-
glied. M. ,E. geht auch die vielumstrittene Form des Eisernen Kreuzes (s. zu-
letzt M. G. Zimmermann, Das E. K. [Bin. 1914] Hi'.) auf die alten Ordens-
kreuze (Fabricius a. a. O. 59 u. 164) zurück; vgl. das (polizeilich verbotene)
Kreuz der Erlanger „Liberalen“ um 1820 bei R. Pasciike, Briefe eines alten
Erlanger Bayern (Erl. 1931) 32.
101 Haupt in Quellen u. Darst. 1. 67 u. 75 Anm. 100.
102 F. W. Krummacher, Eine Selbstbiographie (Bin. 1869) 51.
103 W. A. 4, 27, 64. Gleich nachher brachte sie die Farbenlehre ausein-
ander, ebd. 27, 171 und 42, 104f.
104 Rönne-Simon a. a. O. 19f., wo Smidt für Schmitt zu lesen ist. Ebd.
24: „In den Freien Städten hatten sich die Verhältnisse der Juden, wie dies
Carl Brinkmann:
Jena, wo offenbar Jahns Berliner Bestrebungen mit dem Feuer
Ludens zusammentrafen, drang jene „sittlich-religiöse“ Erneue-
rung der deutschen Studentenschaft vor, die die Ideale der Mäßig-
keit und Keuschheit doch mit denen absoluter Wehrhaftigkeit zu
vereinen strebte und trotz aller Gegensätze zwischen alten Lands-
mannschaften und neuen Burschenschaften doch auch jene in ihren
Bann schlug101. In Jena, wo die heimgekehrten studentischen Kriegs-
teilnehmer aller Lager die ersten „Wehrschaften“ zu gemeinsamer
Waffenübung einrichteten, half ihnen der aus Heidelberg neu be-
rufene Jakob Friedrich Fries „das Duell auf feste Prinzipien
basieren und zeichnete für das Schieds- und Ehrengericht die gel-
tenden Normen vor102“. Von ihm aber schrieb Goethe am 24. Juni
1814 an Sulpiz Boirseree103: „Die sämtliche Judenschaft erzittert,
da ihr der grimmigste Gegner . . . nach Thüringen kommt. In Jena
darf nach alten Gesetzen kein Jude übernachten. Diese löbliche
Anordnung dürfte gewiß künftighin besser als bisher aufrecht erhal-
ten werden.“
Das ging auf die offensichtlich sehr bekannte Tatsache, daß
Fries in der nach dem Kriege wieder lebhaft ausgebrochenen
Literaturfehde um die Judenfrage sehr bestimmt Stellung genom-
men hatte. Der diesmal ungeheuer praktische Anlaß der Fehde war
die den deutschen Einzelstaaten wie den Schöpfern des Deutschen
Bundes beim Wiener Kongreß vorliegende Entscheidung, ob und
in welchem Umfang die verschiedenen Emanzipationsgesetze der
Franzosenzeit in Kraft bleiben und sogar in der Bundesakte sank-
tioniert werden sollten, wobei in bezug auf dies Letzte schließlich
auf Antrag des (englischen!) Königreichs Hannover und Bremens eine
äh nliche zweideutige und vermittelnde Fassung durchging wie die des
berühmten Artikel 13 über die landständischenV erfassungen104.Wäh-
weis auf die Farben der Lützower und der Vandalen wäre dann nur ein Binde-
glied. M. ,E. geht auch die vielumstrittene Form des Eisernen Kreuzes (s. zu-
letzt M. G. Zimmermann, Das E. K. [Bin. 1914] Hi'.) auf die alten Ordens-
kreuze (Fabricius a. a. O. 59 u. 164) zurück; vgl. das (polizeilich verbotene)
Kreuz der Erlanger „Liberalen“ um 1820 bei R. Pasciike, Briefe eines alten
Erlanger Bayern (Erl. 1931) 32.
101 Haupt in Quellen u. Darst. 1. 67 u. 75 Anm. 100.
102 F. W. Krummacher, Eine Selbstbiographie (Bin. 1869) 51.
103 W. A. 4, 27, 64. Gleich nachher brachte sie die Farbenlehre ausein-
ander, ebd. 27, 171 und 42, 104f.
104 Rönne-Simon a. a. O. 19f., wo Smidt für Schmitt zu lesen ist. Ebd.
24: „In den Freien Städten hatten sich die Verhältnisse der Juden, wie dies