Metadaten

Brinkmann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 3. Abhandlung): Der Nationalismus und die deutschen Universitäten im Zeitalter der deutschen Erhebung — Heidelberg, 1932

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0066
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
66

Carl Brinkmann:

geschrieben wurden, war bereits die schmerzliche Peripetie der
Burschenschaftsbewegung erreicht, die in den Attentaten auf Kotze-
bue und Ibell den zweiten, nächtigen Ausweg dieser um praktische
politische und soziale Tätigkeit betrogenen Gärung enthüllt hatte.
Ihn möchte ich zum Schluß realsoziologisch, d. h. über die bisher
übliche entweder anklägerische oder apologetische Behandlung hin-
aus, kurz zu beleuchten versuchen.
VII.
Die revolutionäre Katastrophe.
Wie Fichte (ob. Anm. 78), so ist neuerdings auch Jahn Gegen-
stand entgegengesetzter Versuche der „Einordnung“ entweder zum
Nationalismus oder zum revolutionären Demokratismus, der dann
gewöhnlich als Vorläufer des modernen Sozialismus und Kommunis-
mus gefaßt wird, geworden125. Auch dabei wird, glaube ich, wieder
übersehen, daß diese Ahnen des deutschen Volkstums, was sie
waren, eben durch eine unauflösliche Vereinigung später so scharf
getrennter Gedanken und Bestrebungen gewesen sind. Aber wie
meist bei solchen von tieferen Gegensätzen bewegten polemischen
Auseinandersetzungen scheint mir die Zuspitzung der Beobach-
tungen nach verschiedenen Seiten heuristisch wertvoll. So vor
allem für die Erkenntnis des grenzenlosen Badikalismus, der von
Jahns Turnerei vor seiner Verhaftung von 1819 ausging. Die
schriftlich festgelegte Erinnerung seines Schülers Franz Lieber126
hielt kaum widerleglieh fest, daß er (ein typisches Stadium radi-
kaler Bewegungen) das Recht zu tätlichen und sogar tödlichen
Angriffen auf als Gesinnungsgegner bekannte öffentliche Persön-
lichkeiten, in diesem Falle Schmalz und den verhaßten Geheimrat
v. Kamptz, verteidigt hatte. Statt die Worte des ersten Jahn-
Ludwig Rödiger, einem Verwandten Frommanns, s. Haupt in Quellen u.
Darst. 8, 9.
125 Für jenes vgl. etwa F. Eckardts und E. Neuendorffs Biographien
(1928), für dieses den Panegyrikus von Piechowski (ob. Anm. 57) und den
Angriff von Körner (ob. Anm. 13).
126 Die Kennzeichnung dieses späteren großen Deutschamerikaners durch
Körner (a. a. O. 80) als „geistesschwach“ hat schon A. Scharff in Forsch,
zur Brandenb. u. Preuß. Geschichte 41, 479 gerügt, seltsamerweise ohne die
naheliegende Folgerung auf den Ernst des Lieberschen (mündlich ganz natur-
gemäß abgeschwächten) Zeugnisses zu ziehen, und überhaupt mit zu apolo-
getischer Tendenz. Das Revolutionäre in Arndts Freiheitskriegspropaganda
hat klassisch Max Lehmann, D eutche Revue 29, 4 behandelt.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften