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Brinkmann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 3. Abhandlung): Der Nationalismus und die deutschen Universitäten im Zeitalter der deutschen Erhebung — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0060
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60

Carl Brinkmann:

alle "heilige Scharen’ von Deutschland, und allenfalls von Europa,
ohne die erhabenen Entschließungen der Fürsten, die Weisheit und
Eintracht ihrer Kabinette, das Genie ihrer Feldherren und die
Tapferkeit ihrer regelmäßigen Heere ihn nicht bezwungen haben
würden — das leuchtet dem gemeinsten Verstände ein115.“ Die
viel heiklere Situation des Hardenbergischen Preußen hat Marwitz,
tendenziös wie immer, aber wie immer mit dem Scharfblick des
Hasses für Wesentliches, geschildert116: „Diese Jugend kannte nicht
die frühere Verfassung ihres Vaterlandes, nicht das sich immer
gleichbleibende Verfahren der Regierenden und ihre nie verleugnete
Doppeltheit im Reden und Handeln, sondern nur ihre Theorien und
die Versprechungen, die ihnen selbst gemacht worden waren.“ So
habe die Mainzer Zentraluntersuchungskommission über die „De-
magogen“ 1821 den deutschen Höfen berichten können: „Es ergäbe
sich mit Evidenz, daß von den Torheiten der Studenten und den
Herzensergießungen der Apothekergesellen und anderer jungen
Burschen durchaus keine Gefahr für die Länder zu befürchten wäre.
Dagegen aber hätten sie die bedeutendsten und allerdings gefähr-
lichen Umtriebe in den mehresten Regierungen selbst, hauptsäch-
lich in der preußischen und namentlich im Bureau des Staats-
kanzlers gefunden“. In nichts anderem lag ja die Ursache der un-
geheuren Erregung, die die Schrift von Theodor Schmalz gegen
die politischen Vereine (ob. Anm. 72), und auch sie offenbar weniger
bei den Studenten als bei den Professoren, voran Schmälzens
Berliner Kollegen Niebuhr, Rühs und Schleiermacher, ans-
löste, als darin, daß hier in sichtlich offiziöser, bei den Haaren
herbeigezogner Form der gouvernementale Liberalismus, vor allem
115 Für Österreich vgl. übrigens jetzt die nützlichen Zusammenstellungen
bei W. C. Langsam, The Napoleonic war and German nationalism in Austria
(New York 1930).
116 Meusel 1, 623. 6371'. Marwitz’ ebd. 326t. gegebene Beurteilung-
der Burschenschaft als eines Zweiges der internationalen Freimaurerei in Ge-
meinschaft mit französischem Juste Milieu und St. Simonisten, italienischen
Carbonari und Giovine Italia, spanischem Liberalismus und „Jungem Deutsch-
land“, ist ebensowenig ganz Karikatur; ich verweise nur auf die Bedeutung-
von Jahns Berliner Genossen K. C. F. Krause für die spanische Freimaurerei
bis zur Revolution von 1931. Im Gegensatz zu Marwitz’ Versuch, Blüchers
Eigenschaft als Meister vom Stuhl zu bagatellisieren, behauptet Henrich
Steffens, Was ich erlebte 7 (1843) 134 „daß er in den Logen seine Bered-
samkeit erworben habe“.
 
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