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Brinkmann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 3. Abhandlung): Der Nationalismus und die deutschen Universitäten im Zeitalter der deutschen Erhebung — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0062
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Carl Brinkmann:

und außerordentlichen Zeit, wo unterst im Volke ein höherer Geist
wirkt und waltet, laut der Klage meines jungen Freundes und laut
meiner eignen Erfahrung noch deutsche Universitäten sind, die
damit prahlen, daß ihnen und ihrer Jugend die sogenannte
Germanenwut und alle politische Narrheit fern sei, daß
allein die Wissenschaften alle ihre Triebe und Neigun-
gen haben, daß noch Studenten sind, die mit den mattesten und
erbärmlichsten Albernheiten wie mit den ernsthaftesten Dingen
spielen können, die in künstlich getriebener und gemachter Roheit,
worin sie den Gipfel der Freiheit setzen, und in fauler und schroffer
Abgeschlossenheit sich den gewaltigen Geistern zu versperren schei-
nen, welche bis in die Hütten des ärmsten Tagelöhners durch-
gedrungen sind.“ Hier erklingt ganz unmißverständlich ein Ton,
der demokratisch und sozial ebensosehr wie national und wehrhaft
ist. Denn wie Arndt „Orden und Landsmannschaften“ nicht
wegen des „Verlusts der Zeit, die ja auf so vielerlei Weise verloren
und wieder gewonnen wird“, sondern nur wegen der Gefahr der
„Verbaureung“ durch Absonderung mißbilligt, so lehnt er die Ver-
urteilung des Zweikampfs als „Barbarei in der Mitte der christ-
lichen Staaten“ ab: „Wozu lügen ? Wozu etwas für eine Abscheulich-
keit erklären, was es in der Tat nicht ist ? wozu etwas als Barbarei
erhalten, das mir mit dem Christentume innig verwachsen zu sein
scheint ? Es gibt Fälle, Ehrenfälle und Herzensfälle, die man vor
keinen Richter bringen darf, sondern die allein durch ein Urteil
Gottes, durch das Schwert geschlichtet werden können.“ Nach all
den wirkungslosen Verboten könnte höchstens die Todesstrafe die
Zweikämpfe beseitigen. „Allein wegen des Mißbrauchs der freiesten
und adligsten deutschen Jugend die Ehre und den Gebrauch ritter-
licher Waffen nehmen und sie zu Knechten erniedrigen — das wäre
denn doch immer ein schlechter Rat und eine schlechte Tat“.
Der Schluß aber ist ein lauter Protest gegen die gouvernemen-
tale Ansicht vom Sinn der Freiheitskriege: „Ja wir müssen es aller
Welt sagen, daß unsre Universitäten, daß die akademische Frei-
heit und der akademische Geist, der wie ein frischer Samen der
Tugend und Ehre über das ganze Volk ausgesät wurde, unser Vater-
land von Sklaverei errettet haben. Dies müssen wir laut sagen
und immer wieder sagen, damit das Volk das wahre Palladium
seiner Freiheit erkenne und ehre und damit die kleinlichen Richter
und Einrichter gezügelt werden, welche die große Freiheit oft Arer-
tilgen möchten, damit die kleine Freiheit gar keine Sprünge machen
 
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