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Brinkmann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 3. Abhandlung): Der Nationalismus und die deutschen Universitäten im Zeitalter der deutschen Erhebung — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0064
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64

Carl Brinkmann:

mus der Regierungen ging gegen den Nationalismus des Volkes
zum Angriff vor.
In dieser Verstoßung blieben der studentischen Bewegung
eigentlich nur zwei Auswege, beides tragische Sackgassen. Einmal
das Sichverlieren in nebelhafte und im Grunde gefallsüchtige und
dünkelhafte Rhetorik. Der Hauptbericht der Mainzer Zentralunter-
suchungskommission (1821), der ganz mit Unrecht (aus gleich noch
darzulegenden Gründen) seit der preußisch-nationalliberalen Ge-
schichtschreibung L. F. Ilses und Treitschkes als „beleidigend
für die Ehre der Nation“, „gewissenlos“, „unheimlich“ und „licht-
scheu120“ gilt, in Wahrheit wie die meisten andern amtlichen Be-
arbeitungen der „Demagogenverfolgung“ das halb hilflose halb
verlegene Sichabfinden einer recht gewissenhaften Bürokratie mit
einem im Tiefsten unlösbaren Problem ist, enthält als Anlage das
„Bekenntnis eines in Köpenick inhaftierten Mitgliedes des Bundes
der Jungen“ über seinen Studienaufenthalt an der Universität
Halle. Darin wird die dorthin aus Jena herübergekommene bur-
schenschaftliche Agitation im wesentlichen in bekannten Zügen sehr
kritisch geschildert121. Eine seiner kritischen Bemerkungen ver-
dient jedoch in diesem Zusammenhänge festgehalten zu werden:
„Oberflächlichkeit der Studien und der Bildung ist eine sehr häufige
Folge des burschenschaftlichen Lebens gewesen; das bürgerliche
Leben mit seinen Einrichtungen und Geschäften wurde nicht genug
geachtet, als daß man sich mit ganzem Eifer dazu hätte vorbereiten
sollen. Dies war besonders für Juristen und Philologen eine gefähr-
liche Klippe. Jene, welche vom Staat, seiner Verwaltung und Ein-
richtung weit richtigere Begriffe zu haben glaubten, als in den
bestehenden Institutionen zur Anwendung gebracht worden seien,
und auch von der Idee einer mündlichen Justizpflege ergriffen
waren122, mochten sich weder um römisches Recht noch um die
120 Ausdrücke von Treitsci-ike D. G. 3, 3381.
121 Was Ilse, Gesch. der polit. Untersuchungen (1860), 256 Anm. ver-
anlaßt zu betonen, daß der Verfasser „jetzt ein sehr tüchtiger Gelehrter von
ganz anderer Anschauung“ sei. Das folgende ebd. 241f.
122 Hier ist ein m. E. wichtiger Berührungspunkt der „demagogischen“
mit den altständischen Anschauungen, vgl. Marwitz o. Anm. 86. Vgl. auch
Dudens „höchste Staatsform, die republikanische konstitutionelle Monarchie“
(Eiirentreich in Quellen u. Darst. 4, 56) mit Marwitz bei Meusel 2, 2, 681'.:
„Unter Republik verstehen wir (wie auch der Wortsinn schon angibt) ein
Gemeinwesen, einen Staat. Unter Despotie aber eine unbeschränkte
Alleinherrschaft, einen Nichtstaat. Eine Monarchie kann nach diesem sehr
 
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