Der Nationalismus und die deutschen Universitäten.
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Mensch auch bloß selbst seine Handlungen schätzen133“. Schon die
Streichung des Satzes beweist, daß es an eignem Bewußtsein für
die Gefährlichkeit dieser aus lutherischem und kantischem Geist
geborenen Vorwegnahme von Nietzsches Übermenschentum nicht
fehlte.
Dasselbe zeigt sich bei den aus diesem Radikalismus abgelei-
teten Folgerungen für die praktische Politik. Die Textvergleichung
der berühmten Jenaer Urkunde der deutschen Burschenschaft von
1818, der „Grundsätze und Beschlüsse des 18. Oktober“, hat er-
geben134, daß es Luden war, der aus dem ersten, von Dahlmanns
Schwager Franz Hegewisch verfaßten sogen. Kieler Entwurf erst
die radikalsten Stellen beseitigt hatte (auch an dem Wartburgfest
des Vorjahrs hatte er im Gegensatz zu seinen Kollegen Fries und
Oken nicht teilgenommen). Fortgeblieben waren so vor allem die
das Landesfürstentum (man denke an Sachsen und Süddeutsch-
land) unter moralischen Druck stellenden Sätze, „die Pflicht jedes
ehrlichen und frommen deutschen Fürsten sei es, den 18. Oktober
zu feiern“; „wer deutsche Krieger gegen deutsche Krieger führt,
der ist des Brudermords schuldig“; „es ist Hochverrat, wenn ein
Minister dem Fürsten rät, Eid und Wort, schnell oder langsam, zu
brechen [statt: das Gesetz nicht zu beobachten]“; die Forderung
einer jährlichen Neubewilligung der Abgaben durch gewählte Volks-
vertretungen, der Abschaffung des Adels außer für Stammälteste,
der Beseitigung der Gendarmerie; die Bezeichnung der Staats-
abgaben als „unbegreiflich hoch noch jetzt, wie zur Zeit der frem-
den Knechtschaft135“. Nichtsdestoweniger ist die Sprache der
„Grundsätze“ noch entschieden genug, wenn z. B. (Nr. 5) gesagt
wird: „Die Lehre von der Spaltung Deutschlands in Norddeutsch-
land und Süddeutschland ist irrig, falsch, verrucht. Es ist eine
Lehre, von einem bösen Feinde ausgegangen“; oder (Str. 30): „Es
giebt gegenwärtig für einen deutschen Mann und Jüngling keine
dringendere Pflicht, als die Wahrheit zu sagen, laut zu sagen und
zu versuchen, ob er vielleicht mit dieser Wahrheit das Ohr eines
133 G. Heer in Quellen u. Barst. 1, 283. Bie Ableitung solcher Ge-
danken aus Fries’ Ethik, die J. Blesch, Studien über Joh. Wit gen. v. Bering
(Bln.-Lpz. 1917) 84ff. versucht, ist interessant, aber m. E. zu einseitig.
134 Ehrentreich ebd. 10911.
135 Bieser und der vorletzte Punkt nähern die Kieler Burschenschafter
(im ständischen Holstein sehr begreiflich) wiederum altständischen Positionen
(ob. Anm. 122). Marwitz hatte auf Hardenbergs von Napoleon kopiertes
Gendarmerieedikt eine eigene Parodie geschrieben, Meusel 2, 2, 183ff.
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Mensch auch bloß selbst seine Handlungen schätzen133“. Schon die
Streichung des Satzes beweist, daß es an eignem Bewußtsein für
die Gefährlichkeit dieser aus lutherischem und kantischem Geist
geborenen Vorwegnahme von Nietzsches Übermenschentum nicht
fehlte.
Dasselbe zeigt sich bei den aus diesem Radikalismus abgelei-
teten Folgerungen für die praktische Politik. Die Textvergleichung
der berühmten Jenaer Urkunde der deutschen Burschenschaft von
1818, der „Grundsätze und Beschlüsse des 18. Oktober“, hat er-
geben134, daß es Luden war, der aus dem ersten, von Dahlmanns
Schwager Franz Hegewisch verfaßten sogen. Kieler Entwurf erst
die radikalsten Stellen beseitigt hatte (auch an dem Wartburgfest
des Vorjahrs hatte er im Gegensatz zu seinen Kollegen Fries und
Oken nicht teilgenommen). Fortgeblieben waren so vor allem die
das Landesfürstentum (man denke an Sachsen und Süddeutsch-
land) unter moralischen Druck stellenden Sätze, „die Pflicht jedes
ehrlichen und frommen deutschen Fürsten sei es, den 18. Oktober
zu feiern“; „wer deutsche Krieger gegen deutsche Krieger führt,
der ist des Brudermords schuldig“; „es ist Hochverrat, wenn ein
Minister dem Fürsten rät, Eid und Wort, schnell oder langsam, zu
brechen [statt: das Gesetz nicht zu beobachten]“; die Forderung
einer jährlichen Neubewilligung der Abgaben durch gewählte Volks-
vertretungen, der Abschaffung des Adels außer für Stammälteste,
der Beseitigung der Gendarmerie; die Bezeichnung der Staats-
abgaben als „unbegreiflich hoch noch jetzt, wie zur Zeit der frem-
den Knechtschaft135“. Nichtsdestoweniger ist die Sprache der
„Grundsätze“ noch entschieden genug, wenn z. B. (Nr. 5) gesagt
wird: „Die Lehre von der Spaltung Deutschlands in Norddeutsch-
land und Süddeutschland ist irrig, falsch, verrucht. Es ist eine
Lehre, von einem bösen Feinde ausgegangen“; oder (Str. 30): „Es
giebt gegenwärtig für einen deutschen Mann und Jüngling keine
dringendere Pflicht, als die Wahrheit zu sagen, laut zu sagen und
zu versuchen, ob er vielleicht mit dieser Wahrheit das Ohr eines
133 G. Heer in Quellen u. Barst. 1, 283. Bie Ableitung solcher Ge-
danken aus Fries’ Ethik, die J. Blesch, Studien über Joh. Wit gen. v. Bering
(Bln.-Lpz. 1917) 84ff. versucht, ist interessant, aber m. E. zu einseitig.
134 Ehrentreich ebd. 10911.
135 Bieser und der vorletzte Punkt nähern die Kieler Burschenschafter
(im ständischen Holstein sehr begreiflich) wiederum altständischen Positionen
(ob. Anm. 122). Marwitz hatte auf Hardenbergs von Napoleon kopiertes
Gendarmerieedikt eine eigene Parodie geschrieben, Meusel 2, 2, 183ff.