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Brinkmann, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1931/32, 3. Abhandlung): Der Nationalismus und die deutschen Universitäten im Zeitalter der deutschen Erhebung — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40161#0078
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Carl Brinkmann:

noch schädlich (wenn nur der Zweck ein wahrhaft heiliger und gött-
lich vollkommener sei). Bei den Jesuiten wäre er nur dadurch
scheußlich geworden, daß sie die Mittel zu scheußlichen Zwecken
angewendet hätten. Alle Mittel für eine gute Sache müßten immer
gut sein, nur dürfe man den Leidenschaften kein Spiel lassen156“.
Und auch hier wieder, auf der Seite der Revolutionäre, hei
allem Fehmecharakter und Geheimwesen der Drang zur Öffentlich-
keit. Sand seihst ist um Bekanntgabe seiner Tat in allen Teilen
Deutschlands, in der Speierer, Bamherger, Bremer Zeitung bemüht,
rechnet im Fall seines ,,Durchkommens“ mit „anderen Taten für
das Vaterland“. Und die „Öffentlichkeit“ seihst: Trotz der strengen
Zensurverhältnisse der Zeit darf der Vorsitzende der badischen
Untersuchungskommission in Mannheim, Staatsrat v. Hohnhorst,
seihst ein Jahr darauf ausführliche und merklich sympathisch ge-
haltene Aktenauszüge des Prozesses veröffentlichen (s. Anm. 156).
Die ein Jahr darauf erscheinende anonyme Aktenpublikation (s.
Anm. 149) bezeichnet im Vorwort genau die von der Zensur ge-
strichenen Stellen; eine davon, Sands „Anrede an die deutschen
Fürsten“, die sie unter der Anklage des Treuhruchs gegen Kaiser
und Reich zur „Rettung des Vaterlandes“ aufrief, war, nur mit
Ersetzung des Wortes „Fürsten“ durch Gedankenstriche, gleich-
zeitig in den „Acht Beiträgen“ (ob. Anm. 146 Nr. V) veröffentlicht!
So war es wahrlich nicht die Demagogenverfolgung, die diese
Jugendbewegung meisterte, sondern der ganz anders vorbestimmte
Entwicklungsgang Deutschlands durch Zollverein, Nationalverein
und Bismarcks „Kleindeutsche Lösung“. Und so sind es großen-
teils noch heute offene, ganz gegenwärtige Fragen, die jene Jugend-
bewegung an unser Verständnis stellt. „Legen wir das offene Ge-
ständnis ab,“ schrieb Steffens157, „die Schuld an der Verwirrung
teilen wir alle -— keiner ist rein, auch nicht Einer.“ Und aus dem
katholischen Deutschland kam die resignierte Stimme des großen
Physiologen Ignaz Döllinger, des Vaters von Friedrich Döl-
156 Dafür berief sich Sand auf Ludens Kollegs, die „einzige Anzeige“
dieser Art bei v. Hohnhorst, Vollständige Übersicht der gegen C. L. Sand
. . . geführten Untersuchung 2 (Stg.-Tüb. 1820), 15. Vgl. Ludens Kolleg-
Anekdote über seines „teuren Lehrers“ Fichte Sprung aus dem Fenster in
die Spree in: C. L. Sand 158 und Jahns Jugenderzählung ebd. 179: „An der
Hand der Geschichte, die er[Jahn( mit voller Liebe erfaßte, verwilderte er aber
nicht, wie die meisten jener Zeit, sondern blieb in derber Sittlichkeit seinem
Ziele unverrückt treu“ (vgl. ob. Anm. 47).
157 Über Deutschlands protestantische Universitäten (Bresl. 1820) 53.
 
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