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Hermann Güntert:
der Stammesname eines Volks in Samnium, Carecini, Καρκίνοι leitet
zu dem etruskischen Namen Carc-na. Thessal. Κάρανδαι hat dasselbe
Suffix wie Λάρ-ανδα in Lykaonien. Viele kleinasiatischen Namen
wie Κάριον in Lydien und auf Samos, Κάρις in Phrygien, Καρίνη in
Mysien und Phrygien, Κάρυα in Lykien, Κάρουρα in Phrygien u. a.
schließen sich an; die Landschaft Καρία im felsigen Anatolien ist
selbst anzureihen. Der Karersee wird ebenfalls anzuführen sein,
denn er liegt in einer kreisförmigen Felsenmulde. Der Ζεύς Κάριος
ist der Träger der Doppelaxt. Zum Namen der Insel Κάρπαθος,
bei Homer Κράπαθος (B 676), vgl. man die Stadt Καρπασία · πόλις
Κύπρου . έστι καί νήσος Καρπασία κατά την άκραν την Σαρπηδονίαν.
Ob weitere Ortsnamen, wie Kärnthen, Karawanken u. dgl. zu dem-
selben Stamm gehören, haben wir hier nicht zu untersuchen. Auch
die zugehörigen Götternamen (Ζεύς Κάριος, Grab des Kar bei Megara
Pausan. I, 44, Apollon Karinos usw.), die sämtlich nichtgriechischer
Herkunft sind, können hier für unsere Absicht beiseite bleiben.
VI.
43. Die Untersuchung des Sinnfeldes «künstlich gewonnener
Stein, Steinbau, Turm» hat für das Griechische, ohne irgendwie
erschöpfen zu wollen, schon bei kurzer Prüfung eine Fülle von Be-
legen dafür gebracht, daß hierhergehörende Wörter nicht gemein-
indogermanischer Besitz sind, sondern den vorgriechischen Mittelmeer-
sprachen angehören. Wir stellten öfters fest, daß bei Wanderwörtern
in vorhistorischer Zeit der Trugschein von Urverwandtschaft entsteht;
aber die Sachforschung weiß solche Trugschlüsse zu berichtigen.
Das ist grundsätzlich nicht anders, wie im Falle vinum «Wein»,
das trotz seiner Bezeugung in vielen indogermanischen Sprachen
(οίνος, alban. vene, armen, gini, gemeingerman. win) und sogar im
Semitischen (hebräisch jajin, assyr. inu, arabisch, äthiopisch ivain
«Traubensaft») niemand mehr den Indogermanen zuschreiben wird.
Ähnlich steht es mit russisch ladcl «Gattin», serbisch lada dss., alt-
cech. lada «Mädchen»; griech. Λήδα, die wegen lykisch lada «Gattin,
Weib», chald. lutu, awar. thladi «Ehefrau» in beiden idg. Sprachen
aus dem Kleinasiatischen entnommen sind; vgl. auch griech. πέλεκυς:
altindisch parasu- «Beil», beide nicht urverwandt, sondern derselben
Sprache (babyl. pilakku «Beil») entlehnt. Öfters ließen sich Ver-
mischungen, Angleichungen und Volksetymologien bei diesen Fremd-
wörtern an indogermanisches Sprachgut noch nachweisen. Dies er-
Hermann Güntert:
der Stammesname eines Volks in Samnium, Carecini, Καρκίνοι leitet
zu dem etruskischen Namen Carc-na. Thessal. Κάρανδαι hat dasselbe
Suffix wie Λάρ-ανδα in Lykaonien. Viele kleinasiatischen Namen
wie Κάριον in Lydien und auf Samos, Κάρις in Phrygien, Καρίνη in
Mysien und Phrygien, Κάρυα in Lykien, Κάρουρα in Phrygien u. a.
schließen sich an; die Landschaft Καρία im felsigen Anatolien ist
selbst anzureihen. Der Karersee wird ebenfalls anzuführen sein,
denn er liegt in einer kreisförmigen Felsenmulde. Der Ζεύς Κάριος
ist der Träger der Doppelaxt. Zum Namen der Insel Κάρπαθος,
bei Homer Κράπαθος (B 676), vgl. man die Stadt Καρπασία · πόλις
Κύπρου . έστι καί νήσος Καρπασία κατά την άκραν την Σαρπηδονίαν.
Ob weitere Ortsnamen, wie Kärnthen, Karawanken u. dgl. zu dem-
selben Stamm gehören, haben wir hier nicht zu untersuchen. Auch
die zugehörigen Götternamen (Ζεύς Κάριος, Grab des Kar bei Megara
Pausan. I, 44, Apollon Karinos usw.), die sämtlich nichtgriechischer
Herkunft sind, können hier für unsere Absicht beiseite bleiben.
VI.
43. Die Untersuchung des Sinnfeldes «künstlich gewonnener
Stein, Steinbau, Turm» hat für das Griechische, ohne irgendwie
erschöpfen zu wollen, schon bei kurzer Prüfung eine Fülle von Be-
legen dafür gebracht, daß hierhergehörende Wörter nicht gemein-
indogermanischer Besitz sind, sondern den vorgriechischen Mittelmeer-
sprachen angehören. Wir stellten öfters fest, daß bei Wanderwörtern
in vorhistorischer Zeit der Trugschein von Urverwandtschaft entsteht;
aber die Sachforschung weiß solche Trugschlüsse zu berichtigen.
Das ist grundsätzlich nicht anders, wie im Falle vinum «Wein»,
das trotz seiner Bezeugung in vielen indogermanischen Sprachen
(οίνος, alban. vene, armen, gini, gemeingerman. win) und sogar im
Semitischen (hebräisch jajin, assyr. inu, arabisch, äthiopisch ivain
«Traubensaft») niemand mehr den Indogermanen zuschreiben wird.
Ähnlich steht es mit russisch ladcl «Gattin», serbisch lada dss., alt-
cech. lada «Mädchen»; griech. Λήδα, die wegen lykisch lada «Gattin,
Weib», chald. lutu, awar. thladi «Ehefrau» in beiden idg. Sprachen
aus dem Kleinasiatischen entnommen sind; vgl. auch griech. πέλεκυς:
altindisch parasu- «Beil», beide nicht urverwandt, sondern derselben
Sprache (babyl. pilakku «Beil») entlehnt. Öfters ließen sich Ver-
mischungen, Angleichungen und Volksetymologien bei diesen Fremd-
wörtern an indogermanisches Sprachgut noch nachweisen. Dies er-