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Güntert, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1932/33, 1. Abhandlung): Labyrinth: eine sprachwissenschaftliche Untersuchung — Heidelberg, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.40163#0042
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36

Hermann Güntert:

zu den kleinasiatischen Sprachen festlegen; dieser sehr wichtige
Nachweis zeigt gleichfalls aufs deutlichste die Richtung von Klein-
asien nach Westen; daß auch Nordafrika in diese Kolonisations-
wanderungen zur See von Osten her nach Westen einzubeziehen
ist, zeigt ja schon die Aeneas-Sage, von anderem zu schweigen.1 Es
kommt hinzu, daß in Irland vor der Indogermaneneinwanderung ein
Volk sah, das, nach der Art seines Einflusses auf die irische Sprache
zu schließen, eine mit dem anreihenden Typus der nordafrikanischen
Berbersprachen vergleichbare Mundart geredet zu haben scheint.
Das deutet alles darauf hin, daß wir in Spanien mit einer Mischung
einer einheimisch westpyrenäisch-nordafrikanischen Kultur und von
Kolonisationsströmen aus dem östlichen Mittelmeergebiet rechnen
müssen.
48. Jetzt erst wird die Bedeutung solcher Gleichungen, wie
carn, ahd. harug über baskisch harri, lat. carcer, sizilisch καρκάρα,
etrusk. Carcna mit den kleinasiatischen Namen wie Κάρ-ανδα, oder wie
iberisch laurices, französisch Lausanne mit lat. lausiae, griech. Λαΰρον,
Λαύριον usw. völlig deutlich. Jetzt erst verstehen wir vollends, warum
Wörter wie celicnon «Turm», Τύλος «unterirdischer Kuppelbau»,
german. dal «Tal» und andere dieser Bedeutungsgruppe nicht indo-
germanisch sein können. Aber die Sprache zeugt nicht für Schuch-
hardts Hypothese, sondern bestätigt den Seeweg vom östlichen Mittel-
meer nach Italien, Sardinien, Nordafrika, Spanien, Westfrankreich,
Bretagne, britischen Inseln und von da als äußerstem Ausläufer den
dänischen Inseln und Südschweden, von wo weiter eine Besiedlung
Norddeutschlands erfolgte. Durch die Indogermanisierung bildete
sich hier dann der eigentliche «nordische Kulturkreis». Andrerseits
hatte sich sowohl die Donau aufwärts ein Strom nichtindogerma-
nischer Ackerbauer von Kleinasien nach Mitteleuropa vorgeschoben,
wo der «bandkeramische Donaukulturkreis» entstand, und auch im
Alpengebiet waren vorindogermanische Stämme vom Mittelmeer und
der Adriagegend nordwärts vorgestoßen.
40. Wir erkennen allmählich unter der Herrenschicht indo-
germanischer Stämme auch teilweise kultur- und sprachverwandte
vorindogermanische Bevölkerungsgruppen, die selbst keine «Urein-
wohner» in Nordeuropa waren, sondern sich auf verschiedenen Wegen
erst nordwärts gewandt hatten. Vor diesen Kolonisationsstämmen
des Mittelmeergebiets lebte in Nordeuropa eine völkisch und rassisch
1 Vgl. dazu L. Malten Arch. f. ßeligionswiss. 29, 1932, 33 ff.
 
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