Metadaten

Fraenkel, Eduard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1932/33, 2. Abhandlung): Das Pindargedicht des Horaz — Heidelberg, 1933

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.40164#0007
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Das Piiidarge dicht des Horaz.

7

seinesgleichen allmählich zur Interjektion erstarrte Anruf di boni* 1,
und gerade er eröffnet uns das Verständnis der horazischen Wen-
dung. Denn ursprünglich ist dieses di boni nichts anderes gewesen
als ein im Augenblick der Gefahr ausgestoßener Hilfeschrei an die
göttlichen Nothelfer, die θεοί άλεξίκακοί,; an Stellen wie Ter.
Haut. 254 di boni, quid turbae est tritt das noch ganz deutlich her-
vor2. So läßt also Horaz zu Beginn seines schönsten Augustus-
gedichtes (IV 5) mit den Worten divis orte bonis die Vorstellung
anklingen, daß die hilfreichen, die vor Unheil und Untergang be-
wahrenden Götter in sagenhafter Vorzeit das Erscheinen des Caesar
begründet haben; kurz vorher hatte er in genau gleichem Sinne
das Erscheinen des Herrschers als unmittelbares Göttergeschenk
bezeichnet: quo nihil maius meliusve terris fata donavere bonique
divi. Bestätigt wird die hier vorgetragene Deutung der boni divi
durch die bekannte Tatsache, daß Horaz den Augustus immer
wieder in die Beihe der ήρωες άλεξίκακοί, des Herakles, der Dios-
kuren usw. eingliedert: carm. 3, 3, 9ff., 4, 5, 35f., epist. 2, 1, 5ff.
V. 44 Die Wahl des Ausdrucks forumque litibus orbuni ist be-
stimmt durch den Wunsch an eine sollenne Formel zu erinnern:
Cic. de divin. 1, 102 inque feriis imperandis (seil, imperabatur) ut
litibus et iurgiis se abstinerent.
V. 45 f. tum meae siquid loquar audiendum vocis accedet bona
pars erfordert wohl noch ein erläuterndes Wort. Daß mit siquid
eingeleitete Sätze Objekt oder Subjekt eines Hauptsatzes sein
Attributs. — Genau das Entsprechende gilt von der Verbindung iustus deus
oder divus (ebenda 906, 75; 1651, 68), für die es im gesamten vorchristlichen
Schrifttum nur einen Beleg gibt, bezeichnenderweise wiederum an einer Stelle,
an der Horaz von den Göttern (iustis divis) als Förderern und Schirmern des
Augustus spricht, carm. 3, 14, 6; die Funktion dieser Dankbarkeitsbezeich-
nung ist genau die gleiche wie die der Nennung von divi boni 4, 2, 38 und
4, 5, 1. Zu carm. 3, 14, 6 bemerkt Porphyrio fein: iustos divos quamvis genera-
liter dicere possumus, nunc tarnen specialiter accipiendum, scilicet quod Caesari
victoriam et reditum merenti dederint. Zusammengenommen lehren die drei
Stellen eindringlich, wie das Gefühl für den Segen der Herrschaft des Augustus
den Dichter zu einer Neubelebung und Erweiterung religiöser Begriffe führt.
1 Thes. ling. Lat. V 892, 39.
2 Es ist bemerkenswert, daß an der für uns ältesten Stelle, an der die
•δαίμονες άλεξίκακοί erwähnt werden, Hesiod Erga 123 (ich folge mit Leo,
Hesiodea [Index schol. Göttingen 1894] 17 und Wilamowitz z. St. der durch
Platon bezeugten Lesart), sie das Epitheton έσθλοί erhalten, und wenn sie
hier φύλακες θνητών άνθρώπων heißen, so stimmt auch das zu der in optime
Romulae custos gentis enthaltenen Vorstellung, zu der im übrigen Wilh.
Schulze, Sitzgsb. Berl. Ak. 1918, 493, heranzuziehen ist.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften