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Fraenkel, Eduard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1932/33, 2. Abhandlung): Das Pindargedicht des Horaz — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.40164#0014
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14

Eduard Fraenkel:

im Theater auf einem der XIV gradus proximi der römischen Ritter
Platz nimmt. 3, 8, 5 wird der erste Bestandteil der Anrede, docte
sermones utriusque linguoe, erst gegeben, nachdem der verwunder-
liche (Y. 3 miraris) Kultvorgang, an dessen Verständnis die doctrina
des Maecenas scheitert, dargestellt ist. Sehr kunstreich ist in dem
Frühlingslied an Torquatus, IV 7, die späte Anrede V. 23 gesetzt.
Die Gnome im Verse 7 immortalia ne speres richtet sich noch nicht
im besonderen an Torquatus, sondern auch an jeden beliebigen
Hörer oder Leser des Gedichts; Horaz komponiert ja nicht so daß
der eigentliche Sinn einer Stelle erst von dem erfaßt werden könnte,
der viele Strophen weiterliest. Auch die zweite Person V. 20 cuncta
manus avidas fugient heredis, amico quae dederis animo bezeichnet
noch eine Allgemeinheit, steht also zwar nicht der Wendung, wohl aber
dem Inhalt des Gedankens nach auf einer Stufe mit dem nos in
V. 14 nos ubi decidimus1. Der nächste Vers (21) cum semel occideris
et de te splendida Minos fecerit arbitria beginnt auch noch so als
gölte er jedem Sterblichen, aber schon die splendida arbitria ver-
raten den Übergang zu der persönlichen Beziehung und dann springt
der Vocativ heraus: non Torquate genus, non te facundia, non te
restituet pietas. Mit anderen Worten: Horaz hält die Anrede so lange
zurück, bis er in seiner Sentenzenreihe an eine Stelle gekommen
ist, wo ihm die Nennung der drei kardinalen römischen virtutes
Gelegenheit gibt diese hohen Werte mit dem Namen des Torquatus
zu verknüpfen ohne ihm doch ihren Besitz in plumper Unmittel-
barkeit zuzuschreiben, denn auch hier noch enthält das Pronomen
der zweiten Person etwas von der Allgemeinheit der vorangehenden
Strophen. Einen ähnlichen inneren Zusammenhang zwischen der
allgemeinen Beziehung und der auf den angeredeten Einzelnen
zielenden zeigt gleich der Anfang der Pindarode: Pindarum qui.s-
quis studet aemulari, lulle, ceratis ope Daedalea nititur pennis: was
von dem quisquis ausgesagt wird, das berührt irgendwie auch den,
dessen Name2 hier in die Mitte des allgemeinen Satzes eingeschlossen
ist, wofür es garnichts ausmacht, ob Julius einen Versuch pindari-
sierender Lyrik bereits gewagt hat oder ob er ihm für die Zukunft
1 Das nos steht antithetisch zu den vorher bezeichneten Naturvorgängen.
Diese Zeile nos ubi clecidimus und ebenso V. 21 cum semel occideris zeigt eine
in Horazens Odendichtung seltene und darum beachtenswerte Anlehnung an
Catull: 5, 4f. soles occidere et redire possuni: nobis cum semel occidit brevis
lux eqs.
2 Über dessen besondere Form und ihren Klangwert vgl. F. Jacoby,
Hermes 56, 1921, 56.
 
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