Metadaten

Fraenkel, Eduard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1932/33, 2. Abhandlung): Das Pindargedicht des Horaz — Heidelberg, 1933

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.40164#0018
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Eduard Fraenkel:

entferntesten gedacht werden. Im übrigen verdient die Wahl des
Bildes im Vergleich mit dem der Pindarode Beachtung. Dort heißt
es incedis per ignis, denn zum πεζός λόγος des Geschichtswerkes
gehört das Schreiten; hingegen gilt im andern Falle (um noch ein-
mal an Goethes ikarischen Jüngling zu erinnern) das Wort: rheilige
Poesie, himmelan steige sie’; der verwegene Flug strebt in die
Lüfte, die den dircaeischen Schwan tragen (V. 25ff.).
Aber noch leichter als vom Anfang her war eigentlich aus der
Mitte des Gedichtes der Gedanke an eine Verhöhnung des Julius
und an ein Lächerlichmachen des pindarisierenden Cresangs zu
widerlegen. Den Inhalt des erwarteten Liedes im hohen Stile gibt
Horaz an: concines maiore poeta plectro Caesarem . . . quo nihil
riiaius meliusve terris fata donavere bonique divi eqs.1. Wenn der
Dichter den maiore plectro zu singenden Hymnus schlechthin ver-
warf, so durfte er ihm keinen Inhalt leihen, der für ihn selbst von
unantastbarem Ernst war. Er kennt wie kein zweiter die Schwere
und die Gefahr des Dichtens in Pindars Art, erweist jeden Gedanken
daran für seine Person auf das entschiedenste zürtick, aber er setzt
das, was ihm selbst versagt ist, nicht herab, im Gegenteil: indem er
vor dem unbesonnenen Versuch warnt, läßt er das Unternehmen
zugleich in der Glorie eines heroischen Wagnisses erstrahlen. Zeichnet
man in dieser Weise eine Hauptlinie des Gedichtes nach, so ist
darin schon eine Haltung des Dichters eingeschlossen, auf die von
den Interpreten zu wenig geachtet zu sein scheint. Es kommt näm-
lich dem Horaz in diesem Liede viel weniger auf ein Urteil über die
dichterischen Fähigkeiten des Antonius und die etwaigen Aus-
sichten seines Pindarisierens an als auf ein Bekenntnis des eigenen
Wesens. Eine Warnung klingt im Anfänge vernehmlich an, aber
Horaz ist hier so wenig wie sonst der Schulmeister, zu dem man ihn
so gern macht, und μή πινδαρ^ζεΐΛ/ wäre als Motto des Ganzen
gänzlich unpassend. Die Wendung des Eingangsverses, Pindarum
aemulari, ist sehr überlegt gewählt: sie bezeichnet in übertriebener
Schärfe das Extrem des pindarisierenden Dichtens2. Die dann fol-
gende Charakteristik Pindars erhebt den boeotischen Dichter immer
noch so hoch, daß der Versuch ihm nachzufliegen als Zeichen eines
sehr starken Selbstvertrauens angesehen werden müßte. Diese den
Namen des Julius Antonius umschließende Schilderung der pinda-
1 WilaMOwitz hat S. 318 diese Verse schön gewürdigt, ohne zu be-
merken, daß an ihnen seine Auffassung des Ganzen scheitert.
2 Auf die Bedeutung von aemulchK komme ich noch einmal zurück, um
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften