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Stegemann, Viktor [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1933/34, 1. Abhandlung): Die koptischen Zaubertexte der Sammlung Papyrus Erzherzog Rainer in Wien — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40166#0013
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Die koptischen Zaubertexte der Sammlung Papyrus Erzh. Rainer.

o

mancher Texte des X.—XII. Jahrhunderts auch der einmal ange-
führte Titel /.upi'a vor dem Namen einer Frau ■ hinzudeuten.1

1 Ygl. Komm, zu XIX 6. — Ich habe versucht, die Bevölkerungsschichten,
in denen die Magie im christlichen Ägypten verbreitet war, nach der Handschrift, der
Güte der Sprache und den Titeln der in den Texten als zaubernd erwähnten Personen
zu bestimmen. Letzteres kommt nur in dem zitierten Fall vor. Für die Zu-
weisung der andern Texte kommen also nur Schrift und Sprache in Frage. Ich
habe alle Texte paläographisch untersucht auf Grund einer koptischen Paläographie,
die von mir neu entworfen wurde, denn Hyvernats Album de la paleogr. Copte
genügt für die Zeit bis zum IX. Jahrhundert heute in keiner Weise mehr. (Daß
diese Arbeit bisher ungedruckt blieb, liegt an der Ungunst der Zeiten). Durch Ver-
gleich der Schriften der in Urkunden- und Buchschrift geschriebenen Zaubertexte
mit andern paläographisch einer bestimmten Zeit zuweisbaren Urkunden konnten
die Zaubertexte bis auf ganz wenige Stücke zeitlich eingeordnet werden. Diese
Ausnahmen weisen alle ganz ungeschickte Hände auf; ihre Entstehung dürfte in
Kreisen zu suchen sein, die Schwierigkeiten mit dem Schreiben hatten. Das
bestätigt auch die von dem literarischen Koptisch stark abweichende Ortho-
graphie dieser Texte. Es kommen als Besitzer dieser Stücke nur Bauern und
Arbeiter in Betracht. Die große Mehrzahl der Texte, besonders der umfang-
reicheren, ist in guter Urkundenschrift von gewandter Hand geschrieben und
muß von berufsmäßigen Schreibern, vielleicht auf Bestellung, hergestellt worden
sein. Diese Art von Zaubertexten läßt sich vom IV. Jahrhundert bis in das
XII. Jahrhundert nachweisen; die meisten Stücke gehören ins VI.—VIII. Jahr-
hundert. Ihre Sprache und Orthographie ist nicht immer gut, aber der Text
pflegt durchaus verständlich zu sein. Ob die Schreiber z. T. auch Besitzer dieser
Amulette waren, steht dahin. Daß aber in gebildeteren Kreisen wenigstens
im VII. Jahrhundert die Magie verwandt wurde, glaube ich u. a. auch daraus
schließen zu können, daß zweimal die Bitte um erfolgreiche Rednergabe ('schön
reden’) ausgesprochen wird. Sodann gehören der Zeit um das VII. Jahrhundert
die meisten Texte zu, deren Sprachgüte durchaus an die des literarischen Koptisch
herankommt. Für die übrigens z. T. früheren Wiener Abgarbriefe (XXVI,
XLVI, L) und die magische Hs. in Leiden (Pleyte-Boeser S. 441 ff.) vermute
ich die Entstehung in kirchlichen Kreisen (im VI./VII. Jahrhundert) wegen der
starken Berührung der Texte mit den Liturgien (Kropp III § 319 ff., 390 ff.).
Es läßt sich dies freilich auch von einem Text des IV. und einem anderen des
VI./VII. Jahrhunderts behaupten; aber beide tragen stark gnostische Färbung
(P 10 587 und Rossis Gnost. Traktat bei Kropp I, R). Nach alledem sieht es so
aus, als ob vom VI./VII. Jahrhundert an die Verwendung der Magie zunahm
und sich in allen Schichten verbreitete, vielleicht unter dem Einfluß der Araber,
deren Texte dann vom XII. Jahrhundert an die koptischen verdrängt haben
müssen. — Der größere Teil der primitiv geschriebenen und sprachlich schwer-
fälligen Texte ist fayümisch. Die guten Texte sind alle saidisch. Auch dies wird
mit der Schichtung der Bevölkerung und ihrer Stellung im Lande Zusammen-
hängen; doch kann diese Frage mit Aussicht auf Erfolg nur behandelt werden,
wenn man die Briefe und Kaufverträge der Landstriche nach der Güte ihrer
Sprache und dem Stand ihrer Verfasser in den einzelnen Jahrhunderten unter-
sucht und Analogieschlüsse wagt.
 
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