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Stegemann, Viktor [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1933/34, 1. Abhandlung): Die koptischen Zaubertexte der Sammlung Papyrus Erzherzog Rainer in Wien — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40166#0014
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6

Viktor Stegemann.

Sprachliche wie paläographische Beobachtungen lassen also
erkennen, daß die Texte der Wiener Sammlung zur Zeit ihrer
Entstehung nicht den Sammlungen von Zauberern angehörten,
wie es etwa für einen Teil der Berliner Urkunden1 und eine
ganze Reihe der kürzlich veröffentlichten Londoner Stücke fest-
steht.2 Es gibt den Wiener Amuletten ein gewisses Maß von
Leben, daß die aufgezeichnete Anwendung der kleinen Papyri
oder Pergamente durch die Verbindung mit dem Namen des
Zaubernden oder Bezauberten nicht eine theoretisch erfaßte
Möglichkeit zur Voraussetzung hat, sondern Wirklichkeit ist.
Zur Sprache der Texte ist folgendes zu sagen: Unter den
fayümisch geschriebenen Texten weisen einige interessante sprach-
liche Bildungen und Schreibungen auf.3
Zeitlich gehören die Amulette in das V.—XII. Jahrhundert.4
Der größere Teil von ihnen ist ganz spät. Fast alle Stücke sind
christlichen Inhalts. Beschworen werden meist Jesus, die Erz-
engel und die 24 Presbyter. Ein Vergleich mit dem aus andern
Sammlungen bekanntgewordenen Material ergibt, daß vom
III. Jahrhundert n. Chr. an die Götter der Ägypter sowie die
vielen Dämonen mehr und mehr zurückweichen vor der seit
dem VII./VIII. Jahrhundert ständig stärker hervortretenden Be-
schwörung und Bitte an die Gestalten der Trinität, der Erz-
engel und der Presbyter.5 Dieser Befund muß eine Parallele in
der geschichtlichen Entwicklung des ägyptischen Christentums
haben. Dem entspricht es, daß sich in dem Material zwei späte Texte
finden,6 die fast gar nicht mehr in ihrem Stil und in ihren Formeln
an die magischen Papyri erinnern, die die Bestände der Berliner
Sammlung und die teilweise noch früheren des Britischen Museums
kennzeichnen. Während die letzteren mit dem aus den meisten
griechischen Texten bekannten Formelmaterial zusammenzustellen
1 A. Erman, Ein koptischer Zauberer, ÄZ 33 (1895) 44; BKU I Nr. 1 Vor-
bemerkung.
2 Kropp I Text E, F, G, G1; H, EU.
3 z. B. aok (= epoK) XXX 7; -J-cdacdok XLIV 1; -J-cjdacdk ebd. 11;
txi (statt TcpnAi) ebd. 8 usw.
4 Siehe o. S. 5, 1.
5 Über die Geschichte der Person Jesu und der Erzengel in den koptischen
Zaubertexten werde ich demnächst in einer besonderen Arbeit handeln.
6 Nr. XXX und XLIII.
 
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