Die Kriegsschuldfrage von 218 v. Ghr. Geb.
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antworten mit langen juristischen Ausführungen, daß der Has-
drubalvertrag ungiltig sei und daß der Lutatiusvertrag Sagunt
nicht decke. Polybios, dem wir die Kenntnis dieses Rechtferti-
gungsversuches verdanken, hat sich umsonst bemüht, dem Vorgang
auf den Grund zu gehen und ihm einen Sinn abzugewinnen. Sein
29. und 30. Kapitel sind ein deutlicher Beweis dafür, wie ernst,
aber auch wie vergeblich er mit dem Problem gerungen hat.
Am klarsten tritt seine Verlegenheit in der berühmten Stelle 303
zutage: SioTCep zl piv -ug tyjv Zaxav-ö-aiYjp dauclAsiav acuav tHG)gi tou
TcoXsgou, Guy^copvjTeov aSlxcoc, E^evTjvoyyva!. tov ~oZsp.ov xava te rag im
tou Aoutoctiou auvÜYjxap (xah’ ap zSzi Tolp sxaTspcov ouggayoi.p tt)v u<p’
sxaTEpcov UTzapyziv aG<paXsiav), xoctcc te Tag etP ’AaSpoußou, (xa-tP ag
oüx eSei Siaßalvsiv tov "Ißyjpa TCOTagov ini 7uokeg.(p Kap^yjSovloug).
Daß dieser in sich geschlossene, scheinbar so klare, rationa-
listische Satz große Schwierigkeiten in sich birgt, ist eine
alte Erkenntnis1, und der Erklärungsversuche sind gar viele.
Die heute meist vorgetragene Deutung ist die, daß Polybios,
auf seine frühere Erörterung zurückgreifend2, geschrieben habe:
$t,07üsp Et [J.EV Ttg T7]V < TOU ’'Iß7]pOg TTOTagOU StaßaötV xal T7]V>
ZaadcvETig a7CCoXstav atTta(g)3 Tth-Tjat tou 7roXEgou4. Allein dem
muß man entgegenhalten, daß z. Z. der Verhandlung der Ebro
gar nicht überschritten ist, wie sich einwandfrei aus Polybios’
eigener Darstellung ergibt5. Auch die von Gelzer6 verfochtene An-
schauung, daß Polybios selbst 'irreführender Weise’ den zweiten
Punkt ausgelassen habe, hilft nicht weiter. Denn sie arbeitet mit
der gleichen unmöglichen Voraussetzung, daß man ■— Cato wird
genannt •— in Polybios’ Zeit des Glaubens gewesen sei, Hannibal
habe den Ebro vor der Kriegserklärung überschritten. So aber
hat Polybios nicht argumentiren können. Man kommt in der Tat
nicht darum herum, daß er trotz aller aufgewandten Mühe des
Problems nicht Herr geworden ist, welche Rolle der Hasdrubal-
vertrag in den Verhandlungen vor 219 gespielt hat.
Befreien wir die polybianische Darstellung von allem, was das
eigene Räsonnement des Schriftstellers ist oder von ihm aus den
1 Schon Meltzer nannte ihn 'widersinnig’.
2 III 6, 1 f. 3 codd. amav.
4 Hesselbarth, Kritische Untersuchungen zur dritten Dekade des
Livius 91; seither oft wiederholt.
5 Die Nachricht vom Ebroübergang erhalten die Römer bei Liv. 21, 25x
erst zu Beginn des Konsulatsjahres 218 u. zw. durch Vermittlung der Mas-
salioten. 6 S. 160.
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antworten mit langen juristischen Ausführungen, daß der Has-
drubalvertrag ungiltig sei und daß der Lutatiusvertrag Sagunt
nicht decke. Polybios, dem wir die Kenntnis dieses Rechtferti-
gungsversuches verdanken, hat sich umsonst bemüht, dem Vorgang
auf den Grund zu gehen und ihm einen Sinn abzugewinnen. Sein
29. und 30. Kapitel sind ein deutlicher Beweis dafür, wie ernst,
aber auch wie vergeblich er mit dem Problem gerungen hat.
Am klarsten tritt seine Verlegenheit in der berühmten Stelle 303
zutage: SioTCep zl piv -ug tyjv Zaxav-ö-aiYjp dauclAsiav acuav tHG)gi tou
TcoXsgou, Guy^copvjTeov aSlxcoc, E^evTjvoyyva!. tov ~oZsp.ov xava te rag im
tou Aoutoctiou auvÜYjxap (xah’ ap zSzi Tolp sxaTspcov ouggayoi.p tt)v u<p’
sxaTEpcov UTzapyziv aG<paXsiav), xoctcc te Tag etP ’AaSpoußou, (xa-tP ag
oüx eSei Siaßalvsiv tov "Ißyjpa TCOTagov ini 7uokeg.(p Kap^yjSovloug).
Daß dieser in sich geschlossene, scheinbar so klare, rationa-
listische Satz große Schwierigkeiten in sich birgt, ist eine
alte Erkenntnis1, und der Erklärungsversuche sind gar viele.
Die heute meist vorgetragene Deutung ist die, daß Polybios,
auf seine frühere Erörterung zurückgreifend2, geschrieben habe:
$t,07üsp Et [J.EV Ttg T7]V < TOU ’'Iß7]pOg TTOTagOU StaßaötV xal T7]V>
ZaadcvETig a7CCoXstav atTta(g)3 Tth-Tjat tou 7roXEgou4. Allein dem
muß man entgegenhalten, daß z. Z. der Verhandlung der Ebro
gar nicht überschritten ist, wie sich einwandfrei aus Polybios’
eigener Darstellung ergibt5. Auch die von Gelzer6 verfochtene An-
schauung, daß Polybios selbst 'irreführender Weise’ den zweiten
Punkt ausgelassen habe, hilft nicht weiter. Denn sie arbeitet mit
der gleichen unmöglichen Voraussetzung, daß man ■— Cato wird
genannt •— in Polybios’ Zeit des Glaubens gewesen sei, Hannibal
habe den Ebro vor der Kriegserklärung überschritten. So aber
hat Polybios nicht argumentiren können. Man kommt in der Tat
nicht darum herum, daß er trotz aller aufgewandten Mühe des
Problems nicht Herr geworden ist, welche Rolle der Hasdrubal-
vertrag in den Verhandlungen vor 219 gespielt hat.
Befreien wir die polybianische Darstellung von allem, was das
eigene Räsonnement des Schriftstellers ist oder von ihm aus den
1 Schon Meltzer nannte ihn 'widersinnig’.
2 III 6, 1 f. 3 codd. amav.
4 Hesselbarth, Kritische Untersuchungen zur dritten Dekade des
Livius 91; seither oft wiederholt.
5 Die Nachricht vom Ebroübergang erhalten die Römer bei Liv. 21, 25x
erst zu Beginn des Konsulatsjahres 218 u. zw. durch Vermittlung der Mas-
salioten. 6 S. 160.