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Kolbe, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1933/34, 4. Abhandlung): Die Kriegsschuldfrage von 218 v. Chr. Geb. — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40169#0027
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Die Kriegsschuldfrage von 218 v. Chr. Geh.

27

Avdona und Durazzo unserer Tage1. Dies sind die politischen Hin-
tergründe des ersten Illyrischen Krieges. Daß dabei den griechi-
schen Problemen erhöhte Bedeutung zukommt, geht auch aus
Polybios hervor2. Denn nachdem die Kriegserklärung an Illyrien
ergangen ist, gilt die erste militärische Operation dem Entsatz
von Kerkyra, worauf die Befreiung von Avlona und Durazzo
folgte. Mit dem Eingreifen in die kleinen Händel der griechischen
Welt vollzog Rom einen grundsätzlichen Wechsel in seiner Haltung:
während es bisher als unbeteiligter Zuschauer den Gang der Ereig-
nisse beobachtet hatte, wird es von nun an der bestimmende Faktor
im Jonischen Meer. Der erste Erfolg dieser Aktivität war, daß
Illyrien — dem makedonischen Einfluß entzogen — zu einem
römischen Vasallenstaate wurde. Aber wichtiger will mir der zweite
erscheinen: Korfu, Avdona, Durazzo wurden römische Bundes-
genossen. Das politisch interessanteste Moment dieser nur in all-
gemeinen Umrissen bekannten Vorgänge ist nun aber in dem einen
Worte 7tapayA7)bevT£<; des Polybianischen Berichtes umschlossen3.
Nicht aus der Initiative der Kerkyräer ist das Schutzverhältnis
entstanden ■— sie hatten sich vielmehr an den Ätolischen und
Achäischen Bund gewandt —, sondern der römische Feldherr hat
die Anregung gegeben. In der gleichen Weise werden wir uns den
Verlauf in Apollonia und Epidamnos zu denken haben4. Wenn es
richtig ist, daß Rom die treibende Kraft bei diesen Vertragsschlüs-
sen ist —■ und ich sehe nicht, wie man dieser Folgerung ausweichen
könnte —, dann werden wir nicht fehlgehen, wenn wir annehmen,
daß in diesen Verhältnissen der tiefere Grund für das Eingreifen
Roms zu suchen ist. Es wollte die seinen eigenen Gewässern am
meisten benachbarte Küste nicht unter den Einfluß einer fremden
Macht geraten lassen. Daß es sich bewußt war, mit der Angliede-
rung der Griechenstädte hohe Politik im besonderen Sinne des
1 Polyb. II 12, 6: — — oü ydp ticiv, öcXkoc rraat tots xoivoix; syApcD? (toü<;
’lXXuplout;) slvoa augßcdvsi.
2 II 11.
3 Schon Niese II 283 hat betont, daß die Anregung zum Vertragsschluß
von Rom ausgegangen ist, vgl. Polyb. II 11,5: oi St Kspxupaloi tt)v -rapouaiav
töv 'Pwgaüov äagsvcog ISovTSp ttjv ts cppoopav TtapeSoaav vcov ’DAuplcov [xsto.
T?jC, ArjU.7)Tplou yvolgv)?! octiroi ts acpap 6got}u(i.a86v eSoaav irapaxTv^DevTsp eic,
TTJV tSv 'PwgaLcov mtmv. Polybios ist genauer als die bei Strabo VII If.
vorliegende Liberlieferung. Wenn von Appian 111. 71. die Griechen bereits
als utt/jxooi der Römer bezeichnet werden, so verrät sich darin die Denk-
weise einer späteren Epoche.
4 II 11 8ff.
 
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