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Tellenbach, Gerd; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 1. Abhandlung): Roemischer und christlicher Reichsgedanke in der Liturgie des fruehen Mittelalters — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40170#0011
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Gerd Tellenbach: Römischer und christlicher Reichsgedanke.

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Das wichtigste von diesen Elementen ist für uns das Sakramental’,
in dem sich hauptsächlich die Meßgebete, aber auch die Gebete für
andere mit der Messe organisch verbundene Akte wie Ordinationen
und Benediktionen befanden. Im Sakramentar nämlich stehen
auch die sog. geschichtlichen Gebete und Messen1: für Kaiser und
Könige, für Krieg und Heidenbekämpfung, um Frieden und Be-
schützung der christlichen Völker2.
Die ältesten Sakramentarhandschriften, die wir haben, sind
zwar erst im 7. und 8. Jahrhundert geschrieben, ihre Vorlagen
aber lassen sich mit Hilfe der Heortologie, der Topographie von
Rom, soweit es sich um römische Liturgie handelt, und besonders
durch Vergleichung der verschiedenen Typen als wesentlich älter
feststellen. So ist das nach Leo I. genannte Sacramentarium Leoni-
anum, das in einer einzigen Handschrift des 7. Jahrhunderts vor-
liegt und noch keine offizielle, sondern eine private Meßgebets-
sammlung darstellt, wahrscheinlich im zweiten Viertel des 6. Jahr-
hunderts vollendet gewesen3. Schon vor Gregor dem Großen war in
Rom vermutlich ein offizielles Sakramentar im Gebrauch, dessen
Schaffung bereits in der Karolingerzeit Gelasius I. zugeschrieben
wurde. Dieses Sacramentarium Gelasianum ist früh in Frankreich und
Britannien zu Einfluß gelangt, wird uns allerdings erst sicher faßbar
in einem vor 750 in Frankreich geschriebenen gallikanisierten Exem-
plar4. Ferner hat dann Gregor der Große als liturgischer Refor-
1 Dieser Ausdruck stammt von F. J. Mone, der sich, Lateinische und
Griechische Messen (1850), S. 107ff., zuerst mit ihnen beschäftigte.
2 Diese Forschungen sind vom Standpunkt des Historikers aus unter-
nommen. Der Verfasser ist sich bewußt, daß der Liturgiewissenschaftler ge-
wiß längst nicht alle Fragen, die er zu stellen berechtigt ist, gelöst finden wird.
3 Neueste Ausgabe von Ch. L. Feltoe, Sacramentarium Leonianum
(1896). Dazu vgl. TI. Lietzmann, Petrus und Paulus in Rom, Arbeiten z.
Kirchengeschichte I (1927), 30ff. und JLW II (1922), 101 f., wo er erfolgreich
den von R. Stapper, Grundriß der Liturgik2 (1922), S. 184 erhobenen Ein-
wänden begegnet.
4 Die vor 750 geschriebene, gallikanisierte Hs. des Gelasianums, der
cod. Vat. Reg. 316, ist ediert von W. H. Wilson, The Gelasian Sacramentary
(1897). Von diesem Typus erhalten ist sonst nur ein kleines Fragment, vgl.
A. Wilmart, L’index liturgique de Saint-Thierry, Revue Benödictine XXX
(1913), 437ff. Außer auf den cod. Vat. Reg. 316 scheint er aber schon früher
auf fränkische Sakramentare eingewirkt zu haben, z. B. auf das Missale Fran-
corum (cod. Vat. Reg. 257), das um die Wende vom 7. zum 8. Jahrhundert
geschrieben ist. Ausgabe von J. Mabillon, De liturgia Gallicana (1729),
301 ff. Vgl. L. Duchesne, Origines du culte Chretien3 (1903), S. 134f.; Eisen-
hofer, Handb. I, 65. Daß es ein vorgregorianisches Sakramentar überhaupt
 
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