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Tellenbach, Gerd; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 1. Abhandlung): Roemischer und christlicher Reichsgedanke in der Liturgie des fruehen Mittelalters — Heidelberg, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.40170#0046
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40

Gerd Tellenbach:

Wenn wir Kaisertum und Königtum weiter in einigen wich-
tigen Punkten vergleichen, bemerken wir folgendes:
Alle Könige und souveränen Fürsten sind die Schützer der
Kirche in internen Angelegenheiten, ebenso wie nach außen, alle
nennt man defensores ecclesia.e oder seit dem 10. Jahrhundert, nach
der inneren Hebung des Instituts der advocatia durch das Eigen-
kirchenrecht, auch advocati ecclesiae, -— nicht nur den Kaiser. Die
Reiche des Kaisers und der anderen Fürsten unterschieden sich
nach einer verbreiteten Meinung nicht wesentlich voneinander. So
erklärt ein burgundischer Krönungsordo des 10. Jahrhunderts, die
Wahlstadt sei stets diejenige, quae prima est regni ut in imperio
Roma, Constantinopolis in Graecia, Viennia in Burgundia, Remis
in Francia* 1.
,,Es liegt im "Wesen wie der eigentlichen Monarchie“, sagt
Mommsen2, ,,so auch des augusteischen Principats, nicht bloß, daß
die dem Staatsoberhaupt zukommende Machtfülle zur Zeit nur
einem Inhaber zusteht, sondern daß derselbe auch äußerlich und
selbst titular als Alleinbesitzer derselben erscheint.“ Dieses Prinzip
ist auch vom römischen Kaisertum lange festgehalten worden,
mochten nun Teilungen der Regierungsgewalt als Mitregentschaft
oder als Samtherrschaft konstruiert werden. In den älteren Meß-
gebeten finden wir nun zwar das imperium Romanum oder Christi-
anum, seine Leiter sind aber von Anfang an in den meisten Fällen
die principes, rectores, reges. Und an der einzigen Stelle, wo ur-
sprünglich der imperator vorkommt, steht später je nach den herr-
schenden Verhältnissen rex, reges oder imperator es. Die Einheit des

nicht folgern läßt, daß der Kaiser den Königen als Vorbild galt. Vgl. auch
u. S. 52 nr. 1. Daß es nicht die Absicht des Gebets „Deus qui praedicando“
sein konnte, dem zu krönenden König die Aufgabe des Romanorum imperator
als nachahmenswertes Beispiel vorzuhalten, wie Hirsch meinte, hat sich schon
oben S. 9f. ergeben. Daß auch Brackmann nicht an einen spezifischen Beruf
des Kaisers zur Heidenbekämpfung denkt, zeigt er Anfänge der Slavenmission
S. 86: „Die Kaiserwürde (Karls d. Gr.) kein Hemmnis auf dem Weg zu jenem
Ziel“ (Eingliederung heidnischer Gebiete ins imperium Christianum). Vgl.
ferner TI. Aubin, Die Ostgrenze des alten deutschen Reiches, Hist. Vjschr.
XXVIII (1938), 239 und 241f.
1 Vgl. E. Eichmann, Die sog. römische Königskrönungsformel, Hist. Jb.
XLV (1925), 518. Das imperium ist hier wohl das dualistische „aus Deutsch-
land und Italien bestehende Kaiserreich“, vgl. Edm. E. Stengel, Regnum
und Imperium, Marburger akad. Reden XLIX (1930), 12.
2 Th. Mommsen, Römisches Staatsrecht II (1887), 1167ff.
 
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