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Hoffmann, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1934/35, 2. Abhandlung): Platonismus und Mystik im Altertum — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.40171#0060
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56

Ernst Hoffman n:

nistische Philosophieren über das Verhältnis vom Einen und Vielen
geht in der Ekstatik gleichsam unmittelbar in religiöse Erlebnisse
der Anima christiana ein. -—
Alles, was wir bisher von Konversion des Platonismus kennen
gelernt haben, finden wir synkretistisch verbunden bei Philon1:
Stoisches, Neupythagoreisches, den Neuplatonismus Vorbereiten-
des, all dies stellenweise durchsetzt mit peripatetischen Einschlägen,
aber nach Möglichkeit angeschlossen an platonische Traditionen
und als Ganzes in den Dienst der jüdisch-gnostischen Bibel-
exegese hineingestellt. Philon bejaht Platons supertranszendenten
Gottesbegriff (Gott ist besser als das Gute, höher als das Sein,
jenseits von allen Eigenschaften); aber er bejaht zugleich die
stoische Semination der Gottesvernunft, die pythagoreische Ex-
plikation der göttlichen Einsheit, und er nähert sich bereits dem
neuplatonischen Begriffe der Emanation des Superabundanten.
Philon bejaht Platons Seinsbereich der eigenen, unbedingten
Ideensphäre, aber zugleich identifiziert er die Ideen mit stoischen
Keimkräften und mantischen Sendboten Gottes, mit pythagore-
ischen Zahlgedanken und magischen Stellvertretungen Gottes, mit
neuplatonischen Ausflüssen und mystischen Eigenschaften Gottes.
Philon bejaht mit Platon den Vorrang der auf Erkenntnis beruhen-
den Sittlichkeit vor der, die sich nur auf Übung gründet, aber die
Erkenntnis muß sich ihm bis zur Erleuchtung steigern, und die
Erleuchtung setzt schon bei Philon Entrückung voraus.
Das Verständnis der Bedeutung Phiions für die Philosophie-
geschichte leidet in unserer Zeit mehr als das irgend eines anderen
antiken Denkers unter den Vorurteilen, die mit Wörtern wie
‘Eklektik’ und ‘Synkretismus’ verknüpft sind. Auf diesen Ten-
denzen ruht nicht seine Schwäche, sondern — in traditionsgeschicht-
lichem Betracht — seine Stärke, denn in der Synkretistik lag die
wohlbegründete Forderung der Stunde. Es galt nicht, neue Weis-
heit zu finden, sondern alte zu dem neuen Zwecke zu verwenden,
1 Belege zu geben erübrigt sich, da jede Seite des Phiiontextes sie bietet.
Für das Allgemeine geben reiches Material A. Gfrörer, Philo und die alexan-
drinische Theosophie, Stuttgart 1831 im ersten Teil, und M. Wolff, Die
Phiionische Philosophie in ihren Hauptmoment.en, Leipzig 1849. Für Einzelnes
wichtig Benzion Kellermann, Licht und Logos bei Philo, Sonderabdruck
aus dem Buche Die Kämpfe Gottes von Lewi ben Gerson, Teil II; H. Leise-
gang, Die Raumtheorie im späteren Platonismus, insbesondere bei Philon
und den Neuplatonikern, Diss. Straßburg 1911; G. Falter, Philon und Plotin,
Gießen 1906 (Beiträge zur Geschichte der Idee I).
 
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